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Bertram Reinecke: Bias und Unsicherheit - Teil 2

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Bertram Reinecke
Bias und Unsicherheit - Einige Beobachtungen über die jüngere Sibylla Schwarz Rezeption

Teil 2


Bürgertum

Ebenso spekulativ nimmt Birnstiel an, der Wohlstand der Schwarzens sei lediglich ein bescheidener gewesen.[1] Sicher ist seine Feststellung richtig, dass die Lebensbedingungen auch der reicheren Leute, selbst wenn der Krieg sie verschonte, vergleichsweise harsch waren. Bescheidenheit ist natürlich auch eine Frage der Ansprüche. Aber wer, wie aus der Beschwerde ihres Vaters hervorgeht, Soldaten mit zwölf dazugehörigen Pferden auf seinem Anwesen beherbergen kann, wird über gewissen Raum verfügen. Das Schwarzsche Haus ist großzügig für die nur noch wenige Mitglieder zählende Familie. Immerhin entstammen ihre Eltern der alten Stadtelite (in beiden Linien gab es Bürgermeister entweder Greifswalds oder des größeren Stralsunds), zuletzt ist ihr Vater selbst Bürgermeister der Hansestadt und pommerscher Landrat. Sibyllas Bruder wird in den Adelsstand erhoben, verhandelt als Diplomat den Westfälischen Frieden mit und reist an den Hof nach Stockholm. Und die Hansestadt war damals bei weitem nicht das gottverlassene Kaff am Rande des Nirgendwo, als das es universitätsbedingt Zugereisten heute manchmal erscheinen mag.[2] Im Verhältnis zu anderen Städten der weiteren Region war Greifswald eine vergleichsweise nicht unbedeutende Stadt. Stettin war damals lediglich 2½-mal so groß, Dresden hatte 3-mal so viele Einwohner wie Greifswald, Leipzig 4-mal so viele[3]. Greifswald selbst war wiederum bedeutend größer als etwa Potsdam, Schwerin oder Berlin (inklusive der Nachbarstadt Cölln). Die kleine Universität erlebt zur Lebenszeit Sibyllas eine erste bescheidene Blüte, in den Zehnerjahren haben sich die Studentenzahlen verdoppelt und blieben abgesehen von zwei kurzen offenbar kriegsbedingten Einbrüchen bis 1637 auf diesem Niveau.[4] Mit dem Hafen, der eine größere überregionale Bedeutung hatte, war die Stadt sozusagen an das internationale Hochgeschwindigkeitsnetz angeschlossen.[5]  Und gottverlassen war sie ebenfalls nicht: Als sich Judith Tank mit ihrem Schiff zur Hochzeit nach Stralsund aufmachte, konnte sie bei günstigem Wind hoffen, die Nachbarstadt, damals von der Größe und Bedeutung Stettins, in gut drei Stunden zu erreichen. (Während man etwa von Leipzig für die Reise in die nächste größere Nachbarstadt Halle zwei Tagesreisen zu Fuß oder mit den damals üblichen Pferdewagen einplanen musste.) Dementsprechend groß waren Wohlstand und Repräsentationsbedürfnis der städtischen Oberschicht. Und auch Sibylla Schwarz muss schon in jungen Jahren selbstständig über eigene Güter verfügt haben, wenn die Beerdigungspredigt ihr „ein rechtschaffenes mitleydendes Hertz über Jhres Negsten Noth“ bescheinigt und fortfährt: „bevorab über vns[6] armer verjagten Leuten Elend getragen / besondern sich gegen einem mild= vnd gutthätig bezeiget hat / Man erspührete auch jhre diensthafftige Willfährung im leihen vnd borgen “[7] Die Redewendung von „bescheidenem Wohlstand“ verdeckt, dass Sibylla Schwarz eine Patrizierstochter war, wie es auch Barbara-Becker Cantarino in ihrer bahnbrechenden Arbeit
„Der lange Weg zur Mündigkeit“ schildert. Dementsprechend standesgemäß schmuckvoll bekleidet taucht sie auch in den Stichen der Gerlachschen Ausgabe auf.[8]  Auch Gerlach redet den weniger erfolgsverwöhnten Bruder Georg Schwarz immerhin noch als Bürger und Patrizier an.[9]

Haushalt

Wer, wie es auch einige andere LiteraturwissenschaftlerInnen tun, Wohlstand und Bedeutung der Familie kleinredet, schützt damit eine andere Legende, zu deren Popularisierung auch die Graphic Novel „Sibylla“ von Max Baitinger erneut beitrug[10] und die mit dem Wissen um Sibyllas Herkunft aus dem Patriziat schwer vereinbar ist. Hier wiedergegeben mit den Worten Monika Schneikarts: „Und wenn man dann noch die Aufgaben anschaut, die ihr im Haus zugewiesen waren, die eben den Mädchen und Frauen zugewiesen waren, dann waren das vor allem die Abendstunden, die ihr zur Verfügung standen für das Dichten, sie hat sehr viele Bilder mit Nacht, mit untergehender Sonne, ich lese das so, dass dann Zeit zum Dichten war.“[11]

Während sie bekanntlich ihre Geburts- und Namenstagsgedichte, ausweislich der Phöbus-Motive, oft am Morgen des Feiertages schrieb, weil sie wie so mancher solche Daten notorisch vergaß?[12] Natürlich nicht: Die Tageszeitenbilder werden, wie in der Zeit nicht anders zu erwarten, rhetorisch ausgenutzt, Phöbus, die Sonne muss die Jubilarin in Schönheit ehren wie „Auff den Nahmenstag Jungfrauen Judith Tancken“:

WJll der güldnen Sonnen Wagen /
Bloß zu Ehren diser Zeit /
Heut und auch schon albereit /
Doppelt seine Stralen tragen ?      

…. oder das Phöbus-Motiv steht auch für Apollons Weisheit, die einlösen soll, dass der Dichterin das Rechte einfalle:

WJe sol ich / Freundin / doch diß dein Gebuhrts=fest ehren /
mit was vor Zier und Kunst sol ich dein Lob vermehren ?
was bring ich doch herfür / was geb ich endlich dann
das diser lieben Zeit zur Ziehraht dienen kan ?
was / was / Apollo was / was / was / ihr Pierinnen /
was / was / Jhr dreymahl drey / was sol ich iezt beginnen ?
[...]
Sey mir / O liebster Tag / viel tausend mahl wilkommen /
zu dir ist erst das Bild der Tugend angenommen /
und Phebus Liecht gezeigt / du hast mir die gebracht /
die mir das süsse Band der Freundschafft süsser macht.                      

Dunkel ist es wiederum gerade dann, wenn der Dichterin nicht so viel einfallen will:

Ey / ey / was wil ich thun ? Diana wil schon wachen /
Apollo will den Kreiß der Erden Taglooß machen /
Und eilt zur ruh ins Mähr ; drüm / Freundin / nemt doch an
Was in der Eilenflucht   ich itzt erdencken kan.
Was liegt mir im Gehirn / das ich so gar vergessen
Mein heutiges Gebüer ? Jch kan es kaum ermessen /
Was mich verhindert hat ; Jhr Geister kompt zu hauß /
Hier felt was nötigs für / komt / komt / und fliegt nicht auß!              

Ebenso ist die Hand voll Nachtmotive topologisch eng verknüpft mit Motiven wie Trauer oder Einsamkeit, wie in der „Nacht=Klage / über den überverhofften be=troffenen Abscheid ihrer lieben Freunde“, (wo nicht abendliche Feierlichkeiten thematisiert werden[13] )

Die Prosaerzählung Faunus, ihr längster Text, der Einzige, der einen expliziten Hinweis auf eine Entstehungszeit in der Nacht beinhaltet, enthält, anders, als es bei einer Stimmigkeit der Schneikartschen These zu erwarten wäre, keine prominenten Nachtbilder.

War schon die These von den „bescheidenen Verhältnisse“ schwer durch Fakten zu belegen, tritt ihr hier eine zweite offensichtlich ad hoc entwickelte Hilfshypothese zur Seite, um ein plausibles Gesammtbild zu schaffen. Ein so direkter Durchschlag der unmittelbaren Wahrnehmung in den Text stutzt die reflektiert konzeptuell vorgehende Sibylla Schwarz zu einer Art Hobbydichterin zurecht und unterliegt damit genau dem erlebnislyrischen Missverständnis, vor dem Birnstiel so nachdrücklich warnte.[14]

Nachdem wir das narrative Beiwerk besichtigt haben, dass das Bild der Jungfer mit Haushalts-fleiß rundet, werfen wir nun einen Blick auf die drei Quellen, die dieses Gerücht aufgebracht haben.

Zunächst wäre die Leichenpredigt von Hagen zu nennen:

„Demnach auch derselbe jüngst seine mittelste Tochter / so bißhero seiner Haußhaltung vorgestanden / zum Stande der Heiligen Ehe berahten / hat er diese Selige Jungfraw zu solcher Auffsicht vnd Pflege wiederumb destinieret, welche sich auch der Oeconomei vnd Küchenversorgung mit sonderbarer Mühe angenommen / vnd zu jhrer Information, allerhand Observationes Culinarias nach dem Alphabet, schrifftlich zusammen getragen / vnd vnter jhrer Handt nachgelassen / damit sie es dem Vater / bey seiner schweren AmptsBürde / desto besser zu gefallen machen vnd treffen möchte.“

Wir sehen hier erstens, dass sie zur Haushaltsführung zunächst nur vorgesehen war. Zweitens stellt die Predigt die Zuwendung zum Haushalt als Tätigkeit dar, in die auch ihre Neigung involviert ist. Interesse an und Sorgfalt bei der Hausarbeit gehörte zum Tugendkatalog unverheirateter Frauen, wie Kalina Mróz-Jabłecka feststellt, welche Beerdigungsreden gelehrter Frauen vergleichend untersuchte. Das Lob der hausfraulichen Tugenden ist für den Redner hier also obligatorisch.[15] Wie verbindlich der Tugendkatalog für die Beerdigungsrede war, macht die Gegenprobe deutlich: Die Gelehrsamkeit einer jungen Frau findet in den Beerdigungsreden auch da, wo sie durch Schriften nachgewiesen ist, oft nicht einmal Erwähnung. Wo sie auftritt, soll sie, wie auch beim Sibylla Schwarz-Bild, das Hagen zeichnet, das Interesse für die Arbeit von- und damit Achtung und Respekt vor dem gelehrten Vater bezeugen. Mróz-Jabłecka betont, dass Sibylla Schwarz dabei, anders als üblich, in einer überraschend aktiveren, weniger abhängigen Rolle gezeichnet wird.

Bemerkenswert an der zitierten Stelle ist ebenfalls, dass ihr Haushaltsfleiß einzig durch eine in kreativer Weise schriftlich ausgeführte Tätigkeit belegt wird.

Um sie der niederen Tätigkeitsphäre näherzurücken, wird die hier genannte „Observationes Culinarias“ statt genauer mit Küchenordnung oder Küchenbeobachtung zuweilen kurzerhand zur Rezeptsammlung (Observationes coquendi) übersetzt.[16]

Auf seinerzeit gültige Tugendkataloge zielen offenbar auch Gerlachs zwei Halbzeilen des Gedichtes, welches er der jungen Frau im Titelkupfer in den Mund legt. Wir sind nicht gehalten, der Aussage mehr zu trauen, als dem im Text gestifteten konventionellen Zusammenhang zwischen Weisheit und mangelnder Schönheit bei Frauen:

„Was mir der Himmel hat an Schönheit nicht gegeben
Das hat ersetzt Verstand und Tugend in meim Leben ;
Jch stelt ’ ein’n guhten Brief , schrib eine schöne Hand ,
Macht’ einen reinen Vers [;] Haußhalten war bekant
Mihr auf das allerbäst ; eß must den Tod verdrießen
Drum hab ich vohr der Zeit mein Leben enden müßen[.]“            

In Sibylla Schwarz‘ „Vber den früzeitigen Todesfall Frawen Catharina Essens / Hern D. Johannis Schönern ehelichen lieben Haußfrawen“ können wir nachlesen, welche Tätigkeiten einer Hausfrau ihres Standes zugewiesen wurden. Neben Rat und Trost für die Kinder und der Aufwartung mit den Mahlzeiten, sind dies vor allem Kontroll- und Leitungstätigkeiten:

Wenn erst dem Hause wirt der Frauwen Handt entzogen /
So wirt auch das Gesindt zu Laster leicht bewogen /
Hilff Gott / wie geht es doch alsdenn so seltzam zu.
Der Man verliert den Trost / der Haußstand seine Ruh.
Mit ihr fast alle Welt / was sonsten sich gebühret /
Bleibt alsdenn ungethan / das Haus steht Arbeitlos /
...
Wenn erst die Mutter stirbt ; und wenn denn das Gesinde
Gantz ohne Zwinger lebt / so meint es gantz / es finde
Des Lebens wahre Ruh ; den Gesten ist das Haus
Zu allen Sachen frey / geht nur der Wirt hinaus;           
...
Jhr Führer ist entführt ... Ein jeder geht zu Haus
Vnd ruht / aus Faulheit nur / der Arbeit=Bürden aus ;
...
Von Geldes Uberfluß / weil niemandt es verwahret /
Und macht das kleine groß / noch etwas davon spahret /
An trewer Frawen stat / die nicht eh’r schlaffen geht /
Eh ihres Hauses Recht / in guter Ordnung / steht.
...                

Es geht also (Kinder waren ja keine mehr vorhanden) eher um administrative Tätigkeiten, Vorräte managen oder Dienstboten maßregeln, als ums Möhrchen schaben. Man könnte sogar mutmaßen, dass der Vater mit der Vorsehung Sibyllas zum Haushaltsvorstand – mit dem erneut geschrumpften, wohl zweiköpfigen Haushalt dürfte sie nicht überfordert gewesen sein – den geistigen Neigungen seiner Tochter entgegen kam, die sich so nicht unter dem Regiment eines Ehemannes als Gebärmaschine physisch zugrunde richten musste. Jedenfalls ist von kunstsinnigen Frauen ihrer Zeit überliefert, dass sie eine Eheschließung vermieden oder zumindest so weit wie möglich hinauszögerten. Das gilt z.B. für Sibylle Ursula von Braunschweig-Wolfenbüttel, Christina von Schweden oder Katharina Regina von Greiffenberg.[17] (Ebenso denkbar, dass der Ruf der selbstbewussten jungen Frau so umstritten war, dass vorerst keine geeignete Partie im Raume stand.)

Das letzte Zitat, das ihre zeitliche Eingeklemmtheit zwischen Hausarbeit und Schreiben belegen soll, findet sich in einem Brief an Gerlach. Zwar berichtet sie eher über die Anforderungen, die konventionell an eine junge Frau gestellt werden, affirmiert diese allerdings tatsächlich auch:

kan aber auch nicht verfechten / das ich nicht hochstraffbahr wehre / wenn ich der Poesey mehr / als anderer Jungferlicher Arbeit obliegen / und die gescheffte meines Beruffs andern sachen zu den Füßen legen wolte / muß aber dakegen bekennen / daß die Poesey eine Ursacherin vieles guhten bey mir gewesen / und ich sie dero halben (noch zur Zeit) füglich also beybehalten kan / das dadurch andere gescheffte nicht hindan gesetzet / oder seumich verrichtet werden.

Dass es hier um einen Rechtfertigungskontext und nicht um einen unmittelbaren Bericht über ihre Lebenslage geht, macht der Kontext klar:

allein darumb / weil solches allen Feinden der edlen Leyer zuwiedern geschrieben wahr / und mich der unverständige Neidt leider der massen auch betrübet / das ich schier meiner Poesey guhte Nacht gegeben / wen demselben nicht durch etliche Verständige Leute vohrgebawet wehre; eß ist aber meines bedenckens / noch die Zeit / welche an derogleichen Außschreitung  gewendet / nicht so übel angelegt / als wenn ich etwa meiner Jugendt in dem Labyrinthe der Kälber Libe einen Flecken angehenget hette / wie andere / die unsere Poesey wol für ein unnützes übel schelten dürffen / und doch vieleicht sich selber wahrnehmen / und für übelerm übel hüten solten

Es geht allein um das Maß der poetischen Beschäftigung. Sie betrachtet offenbar ihre Poesie als einen Teil ihrer jungferlichen Arbeit, sie dürfe ihr nur nicht „mehr /als anderer Jungferlicher Arbeit obliegen“. Zweitens wird uns berichtet, dass es offenbar nicht nur Kritikaster ihrer Kunst gab, sondern auch Menschen, die sie zur Poesie sogar ermunterten. Drittens geht es offenbar weniger um das Zeitproblem, sondern um den schlechten Ruch „ausgerechnet“ poetischer Beschäftigung: Ihre Zeit mit „Kälberliebe“ zu vertun, wäre in der allgemeinen Meinung offenbar eher verzeihlich   als ihre dichterische Betätigung. Wer hier nur auf die Hausarbeit abhebt, übersieht den Tabubruch, der ihre poetische Selbstermächtigung zum Problem machte.

Ich möchte nun natürlich nicht behaupten, dass die Dichterin den lieben langen Tag machen konnte was sie wollte. Das ließe schon der Moralkodex der lutherischen Orthodoxie nicht zu. Ihre Schilderungen über Fretow belegen jedoch, dass sie durchaus über Freiräume in der Lebensgestaltung verfügte. Das verdeutlicht auch eine Bemerkung an Gerlach, mit der sie die ihrer Meinung nach mangelhafte Qualität und Menge ihrer Gedichte entschuldigen möchte: „sintemahl andre Privat gescheffte mir nurten die geringste Zeit an derogleichen Außschreitung haben wenden lassen.“ Ausweislich ihrer zahlreichen Geburts- und Namenstags- und Ehrengedichte nahm sie an zahlreichen Feierlichkeiten teil.

Eine etwas spätere Quelle, das Betrugslexikon von Georg Paul Hönn, fasst den Erwartungs-horizont an junge Frauen aus gutem Hause ex negativo zusammen, indem es mögliche Abweichungen katalogisiert. Unter den 14 „Betrügereien der Frauenzimmer“ findet sich nur eine, die sich direkt mit einer häuslichen Tätigkeit in Verbindung bringen lässt: „Wann sie anderer Leute künstliche Nähe- und Stück-Arbeit vor die ihrige fälschlich ausgeben / um vor geschickt und Kunst-reich angesehen zu werden.“[18]  Sibylla Schwarz lässt in ihrer Rechtfertigungsschrift „Gesang wider den Neidt“ die Poesie einzig mit der Nadel und sonst keiner anderen häuslichen Tätigkeit konkurrieren:

Sollt ich die Nadel hoch erheben /[19]
Und über meine Poesey /
So muß ein kluger mir nachgeben /
Daß alles endlich reisst entzwey ;
Wer kan so künstlich Garn auch drehen /
Das es nicht sollt in stücken gehen ?[20]            

Überliefert sind uns des Weiteren Assistenztätigkeiten in der Schreibstube ihres Vaters. Daneben sind wohl Privatunterricht, Unterweisung im Katechismus und andere religiöse, vielleicht auch karitative Verpflichtungen denkbar.

Wer also staunt, was die junge Frau neben ihrer drückenden Arbeit alles geschrieben hat, verkleinert ihr Werk zu einer Art Nebensache. Etwa wie wenn jemand sagte: Es sei doch ganz achtbar, was Paul Fleming als Arzt und trotz seiner anstrengenden Reisen oder was dieser Opitz neben seiner Tätigkeit als Lehrer so alles literarisch zu Wege gebracht habe.[21]

Faunus und die Sonette

Entgegen dem Eindruck, den die oben zitierten doppelbödigen Dikta über die Dichterin hervorruft, zeigt eine Besichtigung der Forschungslandschaft nämlich, dass man nicht nur punktuell, sondern sehr regelmäßig Schachzüge ausmachen kann, die die Opitzsche Vorlage überschreiten und ihre Eigenständigkeit zeigen.

Bei den Sonetten ist dies auch weitgehend unumstritten. Selbst diejenigen, die der älteren Forschungsmeinung zuneigen, es handele sich bei den an weibliche Adressaten gerichteten Texten um Rollengedichte aus männlicher Sprechposition (oder Fingerübungen im Zeitstil, wie es Birnstiel in der Welt formuliert) räumen ein, dass es sich dennoch um besondere Kunstleistungen bei diesen Texten handele. Gegen diese Lesart als Rollenrede wendet Thomas Kerth[22] ein: „Im Fall des Sonetts verstieße dieser Ventriloquismus jedoch gegen eine Grundregel des Petrarkismus, denn es gehörte von Anfang an zum Erwartungshorizont der Gattung, dass der Sprecher eines Sonetts mit dem Dichter zu identifizieren und gleichzusetzen ist, auch wenn man dabei immer mit Selbstinszenierung und Selbstdarstellung rechnen muss, also mit der bewussten Inszenierung autobiographischer Authentizität.“ Es verbindet sich damit die weitergehende Lesart, die Sonettistik der Dichterin sei als Ausdruck weiblichen Begehrens zu verstehen, das sich in vielen Fällen auch an einen weiblichen Adressaten richtet.[23] Vertreter dieser Lesart, wie z.B. Erika Greber, müssen keinesfalls ignorieren, dass die Sonette auch als Rollengedichte lesbar bleiben, können darin aber eine Camouflage angesichts der gesellschaftlichen Homosexualitätsverbote sehen. (Umgekehrt ist bei den Sonetten ebenfalls manchmal vermieden, die Figur des/der Angeredeten geschlechtlich auszuweisen.) Thomas Kerth relativiert allerdings diesen Gedanken, indem er feststellt, Schwarz betone „mit den frühen Petrarkistinnen den ardore, die feurige Leidenschaft, eine weibliche Affektbetonung, die sich von männlichen ingegno, dem Einfallsreichtum, unterscheidet, die ihre Dichtung auslöst und bestimmt, um sie von der Männerdichtung zu unterscheiden und ihr gegenüber zu legitimieren“. Somit leuchtete für die zeitgenössischen Lesenden die weibliche Sprechposition auch da hindurch, wo sie durch die Wahl der Pronomen etc. vertuscht wurde. Oder um es bündig mit Gudrun Weiland zu sagen: „Während sich Sibylla Schwarz’ Sonette im Hinblick auf Reim, Metrum und Syntax ... in das zeitgenössische Gattungsparadigma einfügen, ist ihr Beitrag zu einem weiblichen Petrarkismus ... ein Alleinstellungsmerkmal.“[24] So ließe sich leicht erklären, warum der „anstößige“ Zyklus etliche Sonette in den Anhang des zweiten Bandes verlegt wurde.[25]   

Die Sonette aus dem Faunus werden, wie die anderen in diese Prosaerzählung eingerückten Gedichte, zwar aus dem Kontext als männlich-weibliche Kommunikation kenntlich, die Texte sind aber meistens, und bis zu dem Augenblick, in dem die Autorin die Geschichte zwischen Daphne und Faunus mit den Initialen S.S: (Sibylla Schwarz als Faunus) und J.T. (Judith Tank als Daphne) verschränkt, sogar stets   so eingerichtet, dass allenfalls die jeweils weibliche Position gekennzeichnet ist, sodass die andere Position sich ohne Kontext auch einer weiblich-weiblichen Lesart zuordnen ließe.

Der ganze Faunus würde also einen so bei anderen DichterInnen nicht vorzufindenden doppelbödigen Diskurs eines weiblich-weiblichen Begehrens enthalten, dessen erotische Komponenten zwar stark abgedämpft sind, der aber allein schon wegen der todbringend eifersüchtigen Ausschließlichkeit weit über bloße Freundschaft hinausginge.

In keiner Weise handelt es sich hier lediglich um eine jugendliche Formübung im Stil der Hercinie von Opitz. Dass Schwarz den Text gut kannte, legen Übernahmen im Duktus des Vorbilds nahe: „Du köntest jhn einen irrdischen Paradeiß / einen Auszug der Natuhr / ein wunderbahres Wunder / und eine schöne Schönheit nennen.“[26] Ansonsten treten bei Schwarz die Schäfererzählung und die lebensweltliche Ebene der Autorin viel weiter auseinander als bei Opitz. Paola Bozzi[27] betont: „Gerade in dieser Offenheit für ein breites Stil-, Formen- und Themenspektrum lag die auf den ersten Blick nicht leicht verständliche Attraktivität dieser neuen Gattung für die Dichter des 17. Jahrhunderts. Sie gestattete den Hirtenpoeten autobiographische Mitteilungen ebenso wie die Diskussion allgemeiner poetologischer, gesellschaftlicher oder politischer Fragen bzw. die Formulierung vorbildlicher intellektueller und moralischer Maßstäbe.“ Sie hält weiterhin fest: „Mit der Titelfigur Faunus imaginiert sich die Autorin in der Rolle des aktiv Werbenden, dessen Angebetete Daphne an einer Stelle als J.T. identifiziert wird.“ „Die Autorin, die das bukolische Instrument empfängt, spricht ‘als Mann’ den herrschenden tradierten Diskurs nach und zugleich als Frau unter der Schäfermaske für sich selbst.“

Aber auch wer solche Lesart ablehnt, weil er einen Biografismus sein dräuend Haupt erheben sieht, kann die zahlreiche Neuerungen ausmachen: Ulrike Wels[28] stellt fest: „die Tatsache, dass die Erzählung kein harmonisches Ende findet, ist ... im deutschen Schäferroman üblich. Allerdings war es erklärtes Ziel der traditionellen Schäfererzählungen, die Protagonisten über das verweigerte ‘Happy End’ in die Gesellschaft zu reintegrieren. Im Faunus hingegen stirbt der Titelheld und seine Geliebte wird möglicherweise, so meint die Erzählerfigur, für ihren Verrat Faunus gegenüber in irgendeiner Form bestraft werden.“ „Mit diesem offenen Ende, in dem die Erzählinstanz angeblich aus Unwissenheit die moralisatio schuldig bleibt, ist meines Erachtens ein großer Schritt weg von einer christlichen, hin zu einer anthropologischen Bestimmung des Menschen getan. Solange Dichtung in der Frühen Neuzeit primär darüber legitimiert wird, dass ihre AutorInnen innerhalb des theologischen und gesellschaftlichen Diskurses eine eindeutig erzieherische Position einnehmen, sind Erzählinstanzen wie die im Faunus in der traditionellen Schäferliteratur letztlich fast undenkbar – dass Sibylla Schwarz sie dennoch konstruiert, ist eine der wesentlichen Leistungen der Autorin.“  Die Geschichte falle so sehr „aus dem traditionellen Muster, dass die Frage erlaubt ist, ob hier traditionelle Erzähl- und Belehrungsmuster übergangen bzw. als unzureichend abgelehnt werden. Dies wird unter anderem in der Rahmenerzählung deutlich, die gewöhnlich Raum für die moraldidaktischen Diskurse der AutorInnen gibt. Schwarz nutzt diesen Raum anders. Eine heterodiegetische Erzählinstanz[29], die nicht gendermarkiert ist, berichtet in Form der Autodiegese und tritt einmal relativ zu Beginn, zweimal während und einmal am Ende der Geschichte in Metalepsen direkt mit dem Publikum in Kontakt. In diesem Rahmen klärt die Erzählinstanz die Leser über ihre Schreibbedingungen und den Schreibanlass auf und nimmt die Position eines im Rückblick Berichtenden, eines Zeugen der Geschichte ein, der die handelnden Figuren – das zeigt der Hinweis auf ‚ein (mir jezo vergeßenes) Briefelein‘ – sogar persönlich gekannt zu haben scheint.“

Ursula Kocher schickt ihrer Faunus-Deutung[30] voraus, „dass bukolische Dichtung immer nicht nur eine Schäfergeschichte erzählt, sondern ebenso auf ihren allegorischen Status und damit auf ihre Konstruiertheit verweist“ und widmet sich anschließend genauer der Figur der Daphne. Als „Daphne und Faunus zum ersten Mal versuchen, miteinander ins Gespräch zu kommen, betrachten [sie] zunächst diese Verse und gehen dann hinaus in die Natur, um sich auch diese, wie es heißt, ‚einzubilden‘. Dieser Bilderzeugungsprozess führt zu einer gemeinsamen, auf einen utopischen Ort beschränkten Verständigung, einer Welt der Imagination, die aber eine der zweiten Ebene ist. Diese besondere Welt wird von Daphne, nicht von Faunus, immer wieder verlassen.“ „Daphne begibt sich für eine gewisse Zeit nach Arkadien, verankert diese Beziehung jedoch nicht in ihrer tatsächlichen Lebenswirklichkeit“ und entwickelt sich während der Erzählung. Zum Abschnitt in dem Faunus ihr eine Szene macht und mit Selbstmord droht, führt Kocher aus: „Da Daphne inzwischen deutlich zwischen imaginierter und realer Welt trennt, glaubt sie, es weiterhin mit einem literarischen Spiel zu tun zu haben und reagiert bezeichnenderweise mit folgenden Worten: ‚Das will sich/ sagte Daphne/ auf unsere Rede übel reimen.‘” Dazu merkt wiederum Wels an: „Innerhalb des traditionellen Moraldiskurses verhält Daphne sich völlig korrekt, indem sie, dem vierten Gebot folgend, ihrem Vater gehorcht. Abweichend von diesem Modell bezeichnet aber die Erzählinstanz Daphnes Gehorsam und die naive Annahme, sie könne Faunus auch nach der Eheschließung weiterhin treffen, als ‚Unbedachtsamkeit‘ und bewertet damit ihr Verhalten als unvernünftig“ und „Daphnes formale Reintegration durch die Ehe führt nicht zu Glückseligkeit, sondern zu Verdammnis, so viel wird deutlich.“

Es zeigt sich, dass solche Lektüren gut mit dem zusammen stimmen, was wir über die Lebenswelt der Dichterin wissen, sie harmonieren mit biografischen Lesarten. Kocher probiert diese Lesart, wenn auch im Konjunktiv, durch und datiert sogar anhand dieser Beobachtung den Text auf kurz vor der Abreise Judith Tancks nach Stralsund.

Biografische Lesarten sind also offenbar nur da hinderlich, wo jemand Bescheid wissen will, noch bevor genau gelesen wurde. Die Pointe ist nun: Hiermit rücken gerade diejenigen, die eine homoerotische Lesart kategorisch ausschließen wollen oder den Umstand leugnen, dass die Texte von Sibylla Schwarz den Freundschaftsbegriff so weit entgrenzen, dass wir stets in der Gefahr sind, missverstanden zu werden, wenn wir dafür noch unser Wort „Freundschaft“ verwenden, in die Nähe der biografistischen „Meister“-Erzählungen à la Franz Horn, Ludwig Giesebrecht oder Curt Gassen, die sich ebenfalls stärker von eigenem „Vorwissen“ leiten ließen statt die Texte immer sorgfältig zu studieren.

Die Fraktionsgrenzen verlaufen also eher zwischen denjenigen, die sich auf genaue Lektüre verlassen und denjenigen, die stärker ihren allgemeinen Erwartungshorizont für die Beurteilung der Dichterin zu Rate ziehen. Und sobald man das Werk misstrauisch begutachtet, weil es von einem jungen Ding in den Nebenstunden verfasst wurde, dürfte man für Zweiteres in besonderem Maße anfällig sein.  

Aber bevor wir auf die Frage nach der Biografie später kurz zurückkehren, sei der summarische Rundgang durch die Werkteile fortgesetzt.

Die Sphäre der öffentlichen Rede

Stephan Kraft untersucht die Schwarzsche Bearbeitung des Susanna-Stoffes[31] https://www.bibelbuch.de/apokryphe-schriften/susanna/ und stellt fest, dass ihre Auffassungs-weise des Stoffes keine Vorbilder in der der Forschung bekannten deutsch-niederländischen Susanna-Literatur hat. Er stellt heraus, dass ihre Susanna einen aktiveren Part spielt und mehr Redeanteile hat als in den Susanna-Texten ihrer Vorläufer. Wie in der Bildtradition und anders als in den Dramenbearbeitungen[32] nimmt die Gartenszene einen breiten Raum ein und Susanna wird unbekleidet dargestellt. Anders als in der Bildtradition[33] wehrt Susanna die Eindringlinge ab und thematisiert ihre eigene Scham, es sei dies also eine Darstellung, „die sich entschieden auf das Selbstgefühl der entblößten Susanna konzentriert.“ „Nachdem die Autorin Susanna zuvor bereits ihren vor allem in der Bildtradition enteigneten Körper wiedergegeben hat, klagt sie nun implizit auch noch das Recht der Frau auf die öffentliche Rede ein.“ Die Tradition im Susanna-Drama zeigt die Heldin sprechend eher im Kreise der Familie, von der sie Unterstützung erhält. Die Beschuldigung der beiden Alten erweist sich als Angriff auf die ganze Familie. Der Text der jungen Dichterin konzentriert sich ganz auf die eigenständige Identität der Susanna, die sich nicht im Familienkreis, sondern in der öffentlichen Rede zeigt. Auch erhält die Susanna bei ihr kaum Unterstützung durch ihr Umfeld.[34] Und noch zwei weitere wichtige Unterschiede unterstreicht Kraft: Während sich in der Vorlage und den Schuldramen die Möglichkeit, die nackte Susanna zu bedrängen eher zufällig ergibt, verabreden sich hier die Richter zu ihrer Tat. In den Vorlagen verlässt Susanna den häuslichen Schutzraum und fällt dann dem Attentat anheim, während die Richter hier in den Schutzraum ihres Hausstandes aktiv eindringen. Auch er setzt seine Lektüre in Bezug zur Lebenssituation der Künstlerin. Hier soll nur seine Erwägung um den nicht vorhandenen Schluss wiedergegeben werden. „Die optimistischere der beiden versteht das Fragment insgesamt als einen performativen Akt, bei dem Sibyllas Bruder Christian gleichsam in die Rolle des hinzukommenden Retters Daniel eingesetzt wird.“ Nach der zweiten Lesart hätte sie der im Stoff angebotenen Lösung so skeptisch gegenübergestanden, in der überdies die Rolle der aktiv persönlich handelnden Susanna kaum mehr sinnvoll eingebracht werden könnte, dass sie die Beendigung unterließ.[35]

Ein so kunstvoll verschränkter Strophenbau wie hier der ihre wird aber nicht von oben nach unten geschrieben, sondern verlangt planvolles Entwerfen der einzelnen Stücke. Wieso sollte ihre entwerferische Planung hier haltmachen, sodass sie nicht über einen ausgefeilteren Stückentwurf verfügte? Sollte also die fraglos schlüssige erste Deutung nicht zutreffen, würde ich eine dritte erwägen, die Kraft nicht ins Auge fasst: Dass das Ende vorhanden war, aber verloren ging oder aufgrund anderer Ereignisse nicht fertiggestellt werden konnte.

Selbst in einem Feld, wo man von einer Frau, zumal im 17. Jahrhundert, wohl kaum Beiträge erwartet, nämlich in der als männlich gerahmten Dichtung über Krieg und Politik, weiß die Dichterin eigene Akzente zu setzen, auch wo sie lediglich Texte von einem niederländischen (männlichen) Zeitgenossen „verdeutscht hat“, brauchen keinerlei „Zweifel an ihrer ‘feministi-schen Autorität[36]‘ aufzukommen.“ (So ein Zweifel ist schon deshalb verwunderlich, weil die Autorin zweifellos zahlreiche Heinsiustexte kannte, aber nur diesen einen zur Übertragung auswählte.) Auch wenn „Lob der verständigen und tugendsamen Frauen“[37] in weiten Teilen die Vorlage genau überträgt, markieren kleine Eingriffe doch eine eigene Positionierung. Das beginnt schon in der ersten Zeile: Bei Heinsius heißt es eingedeutscht ungefähr[38] „Es ist ein Streit von langer Zeit her aufgekommen / und bis auf den heutigen Tag nicht deutlich klar geworden ob man verständigerweise eher der Frau oder dem Mann als vorzüglicher preisen solle.“ Daraus wird bei Schwarz: „ES ist verborgen Ding von anbegin gewesen / Und wird auff disen Tag von niemand noch gelesen / Ob man die Fraue sol mehr ehren als den Mann ?“ Zugespitzt gesprochen: Während hier also Heinsius (scheinbar) objektiv über eine alte Geschichte berichtet, markiert Schwarz eine in der Gegenwart aktuelle Lücke der Überlieferung. Die Handlungsanweisung: „[starke Frauen] Die die Poëten zwar vergessen und doch kennen / Die stelt euch selber für / jedennoch ohne Hohn / Benehmet ihn’n fort an nicht mehr der Künheit Lohn“ appelliert nicht lediglich an den Mitvollzug, sondern stellt eine konkret politische Aufforderung dar zur, wie man heute sagen würde, Korrektur eines Bias. Dass Schwarz, anders als beim „Gesang wieder den Neid“, hier die Form der Übersetzung wählt, kann man als diskursive Scharrade aus der Unterlegenheitsposition verstehen.[39] Annika Hildebrandt[40] macht weiterhin darauf aufmerksam, dass sich diese Tendenz auch durch den Einschub von vier Zeilen zeigt, die den Kontext aus einem überzeitlich-mythischen Geschehen heraus in den Kontext einer politischen Argumentation angesichts des 30-jährigen Krieges rücken. Einen weiteren Hinweis darauf sieht sie in der Häufung von Deiktika: „uns”, “in disen Jahren”, “unser Landt”. Sie merkt an, dass diese Vorrede im holländischen  Originalwerk eine aus einem Paar von Vorreden ist, dessen „Geschwister“  „Rede an die Jungfrauen“ sich Opitz zur Vorlage nahm.[41] Schwarz füllt, so Hildebrand, indem sie die von ihm übergangene Vorrede überträgt, eine Leerstelle im Opitzschen Programm, der aus taktischen Gründen seine politische Lyrik unterdrückt und seine Entscheidung im Text “An die Teutsche Nation” bekräftigt. Schwarz stehe mit ihrem Text in Einklang mit der Zincgrefschen Forderung, Kriegspoesie allgemeiner sprechen zu lassen und aus dem konkreten Anlass herauszulösen.

Und auch ein zweites Thema, das für Sibylla Schwarz von Anfang an bedeutsam ist, wird in diesem Text angerissen. Die wirklichkeitsschaffende Kraft des Wortes, ein Motiv, das sie von den ersten datierbaren Texten an begleitet. Sogar dem Kriegsgott Mars setzt sie an anderer Stelle die Waffe der Feder entgegen:

Du nimmersatter Mars / bist itzt recht ausgelassen /
Jst gantz Europa doch in Krieg und Krigsverfassen ?
Du bist ein toller Hundt / und rasest immerfort /
Nun thu nur was du wilt / nim hin den liebsten Ort / ¶
Laß meine Kinder gehn ! die sollen dir noch singen :                                  
Wie meine Leyer kan / den Waffen=Gott bezwingen.                                 
Jch wil den Cräiß der Welt dir machen gar zu klein /                                   
Du selbst (mit einem Wort) du selbst solt sterblich sein.[42]              

„Der Gesang wider den Neid“ ist ein fulminanter Einstieg in Gerlachs Ausgabe, aber dieser Anfang bezahlt auch einen Preis. Das Buch mit der oben beschriebenen Heinsius-Vorrede einsteigen zu lassen, hätte ihren Anschluss an Opitz einerseits ebenfalls[43] hervorgekehrt, zugleich mit der Abstützung an der Autorität von Heinsius eine Konzession an das Publikum gemacht, und dennoch ihr Selbstbewusstsein als schreibende Frau offensiv vertreten. Zugleich ist dieser Text sozusagen präliminar und bleibt damit eher im Rahmen zeitüblicher Buchanfänge im Gegensatz zu Gerlachs Einstieg sozusagen in medias res, bei dem ein (das Lesepublikum als?) Neider angeraunzt wird: „Gefellt dir nicht mein schlechtes Schreiben / Und meiner Feder edles Safft / So laß nur balt das Läsen bleiben / Eh dan es dir mehr unruh schafft ;“[44]  Gerlach wird als erfahrener Prediger gewusst haben, dass er mit dem von ihm gewählten Einstieg eine Kernregel der Homiletik in den Wind schlagen musste. Er nimmt den Kunstfehler in Kauf, dem Publikum die Vorstellung, die man sich zu bekämpfen vornimmt, als erstes plastisch vor Augen zu rücken.

Wohlgemerkt, ich möchte hier nicht die Frage entscheiden, welcher von den beiden Texten, oder ob vielleicht ein dritter, den besten Einstieg in das Buch abgäbe.[45] Ich möchte nur betonen, dass die Wahl des Einstiegs zumindest potentiell Folgen für die Rezeptionsgeschichte hat. Wäre die Wahl auf Heinsius gefallen, würden die Themen Politik und Kraft des Wortes sichtbarer werden, während der „Gesang wider den Neid“ die Widerstände gegen ihr Schreiben und ihren persönlichen Kampf besonders in den Blick rückt. Dieses Vorgehen wird (sei es auch ungewollt) dazu beigetragen haben, dass man in Gerlach so lange den weißen Ritter gesehen hat, der dem armen Mädchen zu Hilfe eilen musste.


[1]      Sie sei „Tochter bescheiden begüterter Kreise“, „bescheidenen Greifswalder Verhältnisse“, „in dem bescheidenen städtischen Wohlstand aufgewachsen“, das Landhaus der Familie sei „ein eher bescheidenes Gelände“ gewesen, schreibt Birnstiel in seinem Welt-Artikel.
[2]      Birnstiel spricht in der Welt von einem „ostentativ ausgestellte[n] Wille[n] zur Nichtprovinzialität“ oder spricht davon, die Bücher hätten ihr den Weg aus der geistigen Provinz gebahnt. Auch wenn Greifswald natürlich nicht Wittenberg, Nürnberg oder Danzig war: Vielleicht war dabei etwas weniger Willensanstrengung vonnöten, als Birnstiel vermutet?
[3]      Oder umgekehrt gerechnet: Die kurz nach dem 30-jährigen Kriege größte deutschsprachige Stadt Danzig (vor Wien, Augsburg, Köln und Hamburg) hatte ca. gut 15-mal mehr Einwohner als Greifswald. Für ein ähnliches Verhältnis zur größten deutschen Stadt müsste eine Stadt heute knapp 250000 Einwohner aufbringen.
[4]      Und fielen dann steil ab. Wenn die Dichterin sich also beklagt, die Zeit sei der Poesie ungünstig, ist dies nicht die allfällige Zeitkritik, sie reflektiert den kriegsbedingten Niedergang des Geisteslebens der Hansestadt. 1637/1638 sind noch ganze 7 Studenten eingeschrieben! (Die darauf folgende leichte Erholung kommt an die alten Zahlen vorerst nicht wieder heran.)
[5]      Man reiste ca. 5x schneller als zu Fuß oder mit dem Pferdefuhrwerk, denn das Kutschwesen entstand erst ein Jahrhundert später.
[6]      Auffällig hier auch das „vns“: Hagen, immerhin auch eine Honoration,  zählt sich selbst zu denjenigen, die im Vergleich zu ihr arm und elend sind.  
[7]      Insofern dies nicht gleich Schätze sein müssen, unermesslich genug, um mit teurem Schmuck um sich zu werfen, widerspricht auch das Zeugnis ihrer Bindegedichte dem nicht, an Stellen wie: „Doch / dieweil des Goldes Gaben / nicht bey mir zu finden seyn / soll er gutes Wündschen haben / und ein Liebes Bändelein“
[8]      „Der lange Weg zur Mündigkeit“ (Pöschel, Stuttgart 1987). Man muss ja nicht gleich so weit gehen, in der Dichterin eine Vorläuferin von Gestalten wie Ursula von Braunschweig (1629-1672) zu sehen: Frauen von hohem Stand also, bei denen eine musische Ausbildung bereits zum Curriculum gehört, um den Repräsentationsbedürfnissen ihrer Ehemänner gerecht zu werden.
[9]      Was Birnstiel meinen könnte, wenn er an anderer Stelle (Welt) von einer: „gleich mehrfach, durch Herkunft, Geschlecht und Stellung benachteiligten (heute heißt es: marginalisierten) jungen Frau“ schreibt, wird mir nicht ganz klar.
[10]    Wenn sie sie auch nicht direkt vertritt: Der Autor gibt nicht vor, Sibylla zu zeigen, sondern präsentiert ein anarchisches Konglomerat eigener Fantasien. Interessanter Weise durchkreuzt er diesen Mythos auch, indem das Buch neueste Ergebnisse zum Freotowischen Landhaus kolportiert: Es hat sich immerhin um einen Komplex von drei Gebäuden gehandelt.
[11]     In „Der Kunstkaten – Kultur aus MV“ NDR 1, Sendung vom 14.02.2021. Ähnlich auch Mirosława Czarnecka „In den Nebenstunden entwickelte Sibylle Schwarz ihre Neigung zur Poesie“
[12]    Auch der arme Opitz hatte offenbar am Tag stets wenig Zeit, ein Umstand, dem wir zahlreiche Nachtszenen verdanken, während Schiller seinen Don Carlos während eines Spanienaufenthaltes abfasste, wie jüngste Motivforschungen zeigen?
[13]    z.B. „Auß dem Lob einer Nachtmusic“
[14]    Wenn ich hier die vergleichsweise größere Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der jungen Frau schildere, setze ich mich als Mann natürlich leicht dem Verdacht aus, die Zumutungen, denen junge Frauen bei ihren emanzipatorischen Bestrebungen unterworfen sind, herunterzuspielen. Es ist aber eher umgekehrt: Wer die Stellung der jungen Dichterin herunterspielt und sie in einem kleinen bürgerlichen Verhältnis zeigt, zeichnet ein verkleinertes Bild der Hürden, die Frauen überwinden mussten, um sich die Möglichkeit zur Bildung zu erkämpfen. In kleinen bürgerlichen Verhältnissen dürften damals, anders als zu Zeiten der Gartenlaube, selten Bedingungen für eine so reiche geistige Entfaltung gegeben gewesen sein, nicht einmal immer weibliche Schreibkompetenz, schon gar nicht ein Grundbestand an Büchern, der für eine solch reiche Bildung erforderlich sein dürfte. Einzig in urbaneren Gegenden, insbesondere etwa der größten deutschen Stadt Danzig, mögen die Bedingungen etwas besser gewesen sein. Der französischen Gesandte Charles Ogier erwähnt fünf besonders gebildete und kunstfertige Danziger Patrizierinnen: Constantia Sirenberg (die baltische Sirene), Lisbeth Hafferath, Anna Schwarzwald, Katharina de Neri, Virginia Keckerbart (Dirk von Steckelenburg, „Michael Albinus "Dantiscanus" (1610-1653): Eine Fallstudie zum Danziger Literaturbarock, Amsterdam 1988“.) Letztere wird von Opitz „Sappho vom Weichselstrand“ bedichtet, ein Kompliment, welches aber vielleicht eher auf ihre musikalischen Leistungen zielt. Sie ist der Musikwissenschaft unter dem Namen Virginia Renata von Gehema als Verfasserin eines Lautenbuchs bekannt. Siehe: “The Lute in the Netherlands in the Seventeenth Century, Proceedings of the International Lute Symposium” Utrecht, 30. August 2013, S.25.
[15]    Wie viel rhetorische Stilisierung hier am Werk ist, lässt sich auch der Hagenschen Beschreibung der Gedichte der jungen Frau ablesen, die einzig ihre religiösen Tugenden beglaubigen, er streitet das Vorhandensein anderer als religiös-moralisch motivierter Texte praktisch ab, was sich am Werk leicht als Falschinformation erweisen lässt.
[16]     So etwa bei Kalina Mróz-Jabłecka oder Petra Ganzmüller. Angesichts der Rüdheit, mit der Hagen das literarische Werk umdeutet, um ihre religiösen Tugenden zu profilieren, sind wir in Bezug auf dieses Textstück ebenfalls zur Skepsis gegen seine Beschreibung gehalten. Das öffnet den Weg, zumal, wenn wir uns die interpretative Freiheit von Mróz-Jabłecka oder Ganzmüller zu nehmen bereit sind, darunter nicht nur z.B. eine Art Hausordnung für die Küche zu sehen, sondern vielleicht sogar über ein Abcdarium der Küchentätigkeiten als Sprachsammelprojekt zu spekulieren (wie wir es von den Sprachgesellschaften kennen). Die Dichterin hat ja einen bemerkenswert breiten Wortschatz.
[17]    Auch hier möchte ich mich als Mann natürlich nicht schuldig machen, die Fährnisse zu verkleinern, denen Frauen bei ihrer Emanzipation unterworfen sind. Es geht mir eher darum, ins Bild zu setzen, wie hoch diese Hürden waren: Barbara-Becker Cantarino betont, dass Frauen in dieser Zeit einer doppelten Privilegierung bedürfen, um ein gewisses Maß an geistiger Entfaltung zu genießen: Neben dem höheren Stand war ein Umfeld erforderlich, dass diese Entfaltung stützte, mindestens tolerierte. Das steht in klarem Gegensatz zu Birnstiels in der „Welt“ gezeichneten Bild, „einer gleich mehrfach, durch Herkunft, Geschlecht und Stellung benachteiligten (heute heißt es: marginalisierten) jungen Frau“, das wohl eher auf den Einfluss der biografischen Erzählungen vom kleinen Mädchen zurückzuführen ist.
[18]     Das steht in einer Linie mit Martin Opitz, der in einem Brief an Venator über die Frauen feststellt, ihre Stelle sei „am Spinnrocken, die Poesie verderbe die Jungfrauen."  und Hans Michael Moscheroch, der in „Christliches Vermächtnis oder schuldige Vorsorg eines treuen Vaters“ schreibt: „In die Hand einer Jungfrau gehören zwei Dinge, ein Gebetbuch und eine Spindel“. (Moscheroch wurde 1636 Angestellter jenes Ernst Bogislav von Croy-Arschot, den Sibylla Schwarz bedichtete und der sie in einem Sonett feiert.)
[19]    Natürlich handelt es sich hierbei, wie bei den in den vorigen Fußnoten benannten Stellen, um pars pro toto Figuren  für weibliche Arbeit überhaupt (mindestens müssen ja schon Faden und Stoff mitgedacht werden). Aber wer diese Stelle so genau befragt, wird ebenfalls einräumen, dass auch dem Umstand, dass hier die Nadel und nicht der Rocken, (oder wie in anderen Zeiten die Kindererziehung oder der Abwasch) die prototypische Haustätigkeit abgibt, Bedeutung beizumessen ist.
[20]    Auch Zesen ruft die Frau nicht aus der Küche, sondern aus der Nähstube zur Feier ihres Namenstags herbei (Als Erdmuth ihren Nahmens-Tag beging): „Laß deine Nadel stehn und Faden liegen/ Weil itzo bricht herfür dein Nahmens-Licht/ Ich seh schon kommen an mit tieffem Bügen / Die Diener deines Herrn der Dier verpflicht.“ Dass genäht und nicht zu Eigenbedarf oder Zuverdienst gesponnen wird, dürfte ein Ausdruck privilegierter Verhältnisse sein.
[21]    Und so überrascht es nicht, dass Monika Schneikart ihr Forschungsprogramm zu holländischen Einflüssen bei der Dichterin in den Rahmen der poeta minores Forschung von Ulrich Bornemann stellt. Quelle: „‘Aen de Ioncvrouwen‘ – an Sibylla Schwarz? Referenzen der frühbarocken Dichtung von Sibylla Schwarz (1621–1638) auf die niederländische Literatur“ Die folgenden Absätze referieren im Wesentlichen den Forschungsstand der Sibylla Schwarz Forschung anhand des Daphnis Heft 44 zur Internationalen Schwarz Tagung „Überschreibungen / Überschreitungen – Zum literarischen Werk von Sibylla Schwarz (1621-1638)“. Insofern ich diejenigen Akzente setze, die sich aus meiner Werkkenntnis ergeben, und nicht diejenigen Sprachregelungen, die das Parlament der SchwarzforscherInnen am Ende seiner Diskussionen getroffen haben mag, mögen manche meiner Feststellungen den Teilnehmenden einer solchen Konferenz grell erscheinen. Ebenso waren mir die Stadartwerke von Ziefle über Schwarz und von Autenrieth über Gerlach nicht zugänglich.  An der folgenden Konferenz 2021 konnte ich nicht teilnehmen, auch liegt der Tagungsband mir nicht vor.
[22]    „Sibylla Schwarz und die Petrarkisten“.
[23]     „… zum ersten Mal in der bisher bekannten Geschichte des Petrarkismus besingt ein weibliches Subjekt die Liebe zu einem weiblichen Objekt … Im 17. Jahrhundert war die Homoerotik nichts Neues in der Geschichte des petrarkistischen Sonetts, wenngleich nur in der männlichen Variante … Auch für diese Dichter wollen Kritiker das Homoerotische in ihren Liebessonetten mit einem Verweis auf den Neuplatonismus durchstreichen.“
[24]     In ihrer beeindruckend sorgfältigen exemplarischen Analyse zweier Beispiele aus „etliche Sonette“ „Verfahren der argutia in Sonetten von Sibylla“.
[25]     Gudrun Weiland betont überdies den durchdachten argumentativen Aufbau der Sonette, verweist auf Buchner, der im Sonett “so eine Art von Epigrammaten” sah und merkt mit Opitz an, dass “die liebe gleichsam der wetzstein ist an dem sie [die Dichter] ihren subtilen Verstand scherffen” (und setzt sich damit teilweise in gewissen Widerspruch zu Kerth).
[26]     Diese Formulierung, über die Ursula Kocher sagt: „Diese Wendung ist typisch für die Erzählung. Die vollendete Schönheit, die sich als gemachte präsentiert, ist in ihrer Ästhetik nur durch rhetorische Überbietung darzustellen bzw. eben nicht darzustellen“, überbietet hier konkret eine bei Opitz singuläre Formulierung: „Du köndtest es einen Wohnplatz aller Freuden, eine fröliche Einsamkeit, ein Lusthauß der Nimfen unnd Feldtgötter, ein Meisterstücke der Natur nennen“, indem sie die Betonung auf die Gemachtheit, die Opitz im äußeren Glied bietet, auch im inneren Glied reproduziert.
[27]     „Liebe als Prüfung und Prüfstein der Sprache, Dialog und Heteroglossie im Faunus von Sibylla Schwarz“.
[28]     „‚Blödigkeit‘ und ‚Unbedachtsamkeit‘”.
[29]     „Sie ist – entgegen der sonstigen Urteilssicherheit frühneuzeitlicher Erzähler/innen – nicht allwissend, denn sie bekennt am Schluss, dass sie nicht wisse, ‚[m]it waß vor Straffe nun der Todt des Edlen Faunus von den Göttern gerochen worden‘“ Wels ebenda.
[30]    „Im Schnittpunkt. Sibylle Schwarzʼ Faunus und die Mischung der Diskurse“.
[31]     „Zum Schweigen verdammt. Das Susanna-Fragment“ Daphne ebenda.
[32]    ... wo es aufführungspraktische Hindernisse dafür gibt.
[33]     … die gern den Betrachter zum Komplizen macht und das Missbehagen der Susanna an der Situation oft nicht zum Bildgegenstand werden lässt.
[34]    Ihr Ehemann wird zwar durch kunstvolle Versmittel und Redeübergänge als ihr nahestehend charakterisiert, schaut aber eher leidvoll auf seine Zukunft als Witwer voraus, als sie aktiv zu unterstützen.
[35]    Diese Lektüre beruft sich auf das dem Fragment beigegebene Anschreiben an den Bruder, in welchem die Dichterin Neid und Missgunst überhand nehmen sieht und dem Glauben an gerechte Gerichtsbarkeit skeptisch gegenüber steht.
[36]    Wie es in einem Zeitungsbericht heißt. (Wenn einem nicht, wie Birnstiel es vormacht, ohnehin Zweifel an der ahistorischen Begrifflichkeit kämen.)
[37]    https://www.dbnl.org/tekst/hein001nede01_01/hein001nede01_01_0042.php
[38]      Auch die berschrift vergegenwrtigt schon das Textgeschehen durch Fortlassung der zeitlichen Signatur des Originals: Voor-reden aen de doorluchtige Vrouvven, over veel jaren geschreven.“
[39]    Etwa wie es in einem Teil Deutschlands 40 Jahre tunlich war, strittige Redebeiträge in Zitate der Klassiker des Marxismus-Leninismus zu kleiden.
[40]    „Mit spartanischer Stimme. Sibylla Schwarz und die Lyrik des Dreißigjährigen Kriegs“ Daphne ebenda.
[41]    Diese zweite Vorrede handelt, (htten sies geahnt?) von den Jungfrauen als Objekt mnnlichen Begehrens.
[42]    Trawer=Spiel / Wegen einäscherung jhres Freudenorts Fretow.
[43]      Ihr „Gesang wider den Neid“ beginnt mit einer in Jamben überführten Paraphrase einer Strophe aus dem Opitzgedicht „An Herrn Esaias Sperern“, das ebenfalls die Tugend als Schutz vor dem Neid beschwört „Wann die Mißgunst tausend Zungen / Hette feindlich ausgestreckt / Und käm' auf uns zu gedrungen ...“
[44]    Angesichts des Zitats des eben zitierten Fretow-Textes zeigt sich, dass die breite Brust, die der Text „wider den Neid“ zu machen scheint, hinterrücks doch defensiver ist, als andere Textstücke.
[45]    Diese Frage ist schon deswegen müßig, weil damals (auch bei Opitz) die Gewohnheit bestand, einem Buch auch mehrere Gedichte mit Vorredecharakter vorzuschalten.


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