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Xosé María Álvarez Cáccamo: Fluss

Werkstatt/Reihen > Reihen > Brückensprache
Foto: privat
Pepe Cáccamo
 

Sechs Gedichte
 
Aus dem Galizischen mit Hilfe des Autors und einer spanischen Version Timo Berger


RÍO

O río está prohibido. Linde último,
onde as areas rompen arañadas
detéñense os meus pés.
Na ribeira de alén o vento labra
distancias de cor cega, e esparexe
un pouso de fariña que confunde
marés, cardos e dunas.

                                      Que ninguén
se atreva a entrar no río, un eco morto
asenta a súa voz na lama, leito
de colchas renegridas. Por debaixo
das augas, corredores de luz verde
arrastran aos que nadan descuidados
a un mar de rosas negras.

O río está prohibido e , non obstante,
algunhas tardes veñen rapaces doutras casas
e caen desde a ponte como frechas
de chumbo que atravesan os espellos
e pérdense entre os muxos e regresan
ceibos de norma e lei, inesperados.

Porque son doutras casas
e veñen dos lugares da ribeira confusa
non hai quen lles prohiba entrar no río.
E nós disimulamos a envexa que nos mata
xogando coas areas, na fronteira
que non debemos nunca atravesar.

Vocabulario das orixes, 2000.


Fluss

Der Fluss ist verboten. Die letzte Grenze,
wo zerfurchter Sand abbröckelt
bleiben meine Füße stehen.
Am anderen Ufer bearbeitet der Wind
Distanzen blinder Farbe und verteilt
mehlige Ablagerungen, die
Gezeiten, Disteln, Dünen verwischen.
                                  
                                   Und keiner wage es
in dem Fluss zu baden, ein totes Echo
seine Stimme legt sich auf den Schlamm, in jenes Bett
geschwärzter Decken. Unter dem
Wasser reißen Korridore aus grünem Licht
denjenige mit, der tollkühn
in ein Meer schwarzer Rosen schwimmt.

Der Fluss ist verboten und dennoch kommen
an manchen Nachmittagen Jungs von anderswo
und stürzen wie bleierne Pfeilspitzen
von der Brücke und durchschlagen Spiegel,
verschwinden zwischen Meeräschen, kehren
unerwartet befreit von Normen und Gesetzen zurück.

Weil sie aus anderen Familien sind
und von dem Ort des undeutlichen Ufers kommen
gibt es niemanden, der ihnen verbietet, in den Fluss zu gehen.
Wir verstecken den Neid, der uns umbringt
spielen mit dem Sand, an der Grenze
die wir nie passieren dürfen.


Xosé María Álvarez Cáccamo, geboren 1950 in Vigo, Galicien, Spanien, ist Dichter, Literaturkritiker und Autor von visueller und Objekt-Poesie. Außerdem hat er Erzählungen, Theaterstücke, Kinderbücher, Biografien und Memoiren veröffentlicht. „Ancoradoiro. Obra poética (1983-2003)“, erschienen 2003, ist eine Sammlung seiner bisher veröffentlichten Gedichte. Im Jahr 2004 erschien in einer zweisprachigen spanisch-galizischen Ausgabe eine Anthologie seines poetischen Werks unter dem Titel „Habitación del mar. Antología, 1983-2003“. Seitdem hat er mehr als zehn Bücher in verschiedenen Genres veröffentlicht.
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