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William Shakespeare: A Lover's Complaint, Teil 3

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William Shakespeare

A Lover's Complaint

übersetzt von Günter Plessow


Teil 3 (218 - 329)


Lo all these trophies of affections hot,
Of pensiu’d and subdew’d desires the tender,
Nature hath chargd me that I hoord them not,                        220
But yeeld them vp where I my selfe must render:
That is to you my origin and ender:
For these of force must your oblations be,
Since I their Aulter, you enpatrone me.

Oh then aduance (of yours) that phraseles hand,                   225
Whose white weighes downe the airy scale of praise,
Take all these similies to your owne command,
Hollowed with sighes that burning lunges did raise:
What me your minister for you obaies
Workes vnder you, and to your audit comes                         230
Their distract parcells, in combined summes.

Lo this deuice was sent me from a Nun,
Or Sister sanctified of holiest note,
Which late her noble suit in court did shun,
Whose rarest hauings made the blossoms dote,                    235
For she was sought by spirits of ritchest cote,
But kept cold distance, and did thence remoue,
To spend her liuing in eternall loue.

But oh my sweet what labour ist to leaue,
The thing we haue not, mastring what not striues,               240
Playing the Place which did no forme receiue,
Playing patient sports in vnconstraind giues,
She that her fame so to her selfe contriues,
The scarres of battaile scapeth by the flight,
And makes her absence valiant, not her might.                    245


‘„All dies –– ob Pfand der Liebe, ob die Spur
verdrängter Süchte –– fiel in meine Hände;
es nicht zu horten, heißt mich die Natur,
es darzubringen, der ich mich verpfände,
der einen, dir, du Anfang mir und Ende;
dies muß, dies darf nur dir gewidmet sein
–– ich der Altar, du die Patronin mein!

‘„Was Worte? Streck die Hand aus, deren Weiß
das Lüftchen Lyrik aufwiegt, nimm sie hin,
all diese Gleichnisse, die brennend heiß
beseufzten Zeichen, sei die Deuterin!
Was mir gehört, der ich dein Diener bin,
all dieses Einzelne, es wirkt für dich,
auf deinem Konto erst summiert es sich.

‘„Sieh, eine Nonne gab mir dies zu lesen!
Die heiligste, die je ins Kloster ging,
war eben noch bei Hof umschwärmt gewesen,
sie hatte etwas, jeder Knabe hing
ihr an und jeder edle Abkömmling,
doch sie war kalt und distanziert geblieben,
um zu entsagen, nur noch Gott zu lieben.

‘„Doch, Süße, hält es schwer, was man nicht hat,
zu lassen? Ohne Gegenwehr zu siegen?
Zu gürten eine unberührte Stadt?
Geduld im Joch zu spielen? Was wirds wiegen?
Sie denkt an ihren Ruf und wird erliegen,
vermeidet Schrammen und entgeht der Schlacht
durch Flucht, doch das hat sie nicht stark gemacht.


Oh pardon me in that my boast is true,
The accident which brought me to her eie
Vpon the moment did her force subdewe,
And now she would the caged cloister flie:
Religious loue put out religions eye:                                    250
Not to be tempted would she be enur’d,
And now to tempt all liberty procure.

How mightie then you are, Oh heare me tell,
The broken bosoms that to me belong,
Haue emptied all their fountaines in my well:                     255
And mine I powre your Ocean all amonge:
I strong ore them and you ore me being strong,
Must for your victorie vs all congest,
As compound loue to phisick your cold brest.

My parts had powre to charme a sacred Sunne,                  260
Who disciplin’d I dieted in grace,
Beleeu’d her eies, when they t’assaile begun,
All vowes and consecrations giuing place:
O most potentiall loue, vowe, bond, nor space
In thee hath neither sting, knot, nor confine                        265
For thou art all, and all things els are thine.

When thou impressest what are precepts worth
Of stale example? when thou wilt inflame,
How coldly those impediments stand forth
Of wealth of filliall feare, lawe, kindred fame,                   270
Loues armes are peace, gainst rule, gainst sense, gainst shame
And sweetens in the suffring pangues it beares,
The Alloes of all forces, shockes and feares.


‘„Verzeih, ich prahle, doch so trug sichs zu.
Als sie mich sah, da wich die Illusion,
da wars um ihre Kraft geschehn im Nu,
und schon war sie dem Klosterbann entflohn
Heilige Liebe löscht die Religion.
Sie war vor der Versuchung auf der Flucht ––
nun will sie alle Freiheit und versucht.

‘„Wie stark dagegen du bist! Höre dies:
Die Herzen, die ich brach, sie sind nun leer,
ergossen ihre Flüßchen in mein Fließ,
und ich gieß meines mitten in dein Meer.
Auf daß du siegst, mich überwindest, der
sie überwand, muß ich uns alle einen:
Gemisch, dein kaltes Herz zu heilen –– Weinen.

‘„Mein Zauber machte eine Nonne schwanken;
die in der Zucht, ja, in der Gnade stand,
sie glaubte ihren Augen –– die Gedanken,
die Schwüre und Gelübde, alles schwand.
O übermächtige Liebe! Weder Band
noch Schwur noch Klosterzelle dämmt dich ein,
denn du bist alles, jedes Ding ist dein.

‘„Was ist ein Vorsatz wert, ein Vorbehalt,
wenn du erscheinst, wenn du entflammst? Wie schal
wirkt jedes Beispiel, jeder Einwand kalt
–– Gesetz, Familie, Wohlstand, Ruf zumal?
Wo Liebe kämpft, ist Frieden, sind Moral
und Schamgefühl entwaffnet. Liebes Leid
süßt alle Bitternisse ihrer Schrecklichkeit.


Now all these hearts that doe on mine depend,
Feeling it breake, with bleeding groanes they pine,           275
And supplicant their sighes to you extend
To leaue the battrie that you make gainst mine,
Lending soft audience, to my sweet designe,
And credent soule, to that strong bonded oth
That shall preferre and vntertake my troth.                        280

This said, his watrie eies he did dismount,
Whose sightes till then were leaueld on my face,
Each cheeke a riuer running from a fount,
With brynish currant downe–ward flowed a pace:
Oh how the channell to the streame gaue grace!               285
Who glaz’d with Cristall gate the glowing Roses
That flame through water which their hew incloses,

Oh father, what a hell of witch–craft lies,
In the small orb of one perticular teare?
But with the invndation of the eies:                                  290
What rocky heart to water will not weare?
What brest so cold that is not warmed heare,
Or cleft effect, cold modesty hot wrath:
Both fire from hence, and chill extincture hath.

For loe his passion but an art of craft,                              295
Euen there resolu’d my reason into teares,
There my white stole of chastity I daft,
Shooke off my sober gardes, and ciuill feares,
Appeare to him as he to me appeares:
All melting, though our drops this diffrence bore,          300
His poison’d me, and mine did him restore.


‘„All diese Herzen, die an meinem hängen,
die fühlen, wie es bricht, verbluten sich,
sie flehn, sie seufzen, möchten dich bedrängen:
Halt ein mit dem Beschuß! Erhöre mich!
Hör meinen süßen Plan! Vertraue dich
–– ein Bund, auf einen starken Eid gebaut ––
mit ganzer Seele mir als meine Braut!“

‘GESAGT –– und nun verschwamm sein Blick in Naß,
er löste ihn, er sah mich nicht mehr an;
ein Strom –– aus salzigen Quellen floß etwas,
das über beide Wangen abwärts rann.
O welchen Reiz dies Bett dem Strom gewann:
Er ließ die Rosen unter Glas erglühen,
das Wasser flammte auf und schien zu blühen!

‘O Vater, eine Träne –– ist das nicht
ein Höllenrund, das uns verhexen kann?
Doch wenn die Augen schwimmen im Gesicht,
welch Herz aus Fels käm gegen Wasser an?
Welch kalte Brust erwärmt sich nicht daran?
O Zwiespalt! Hier, wo Kühle Feuer fängt,
wird heißes Ungestüm in Naß ertränkt.

‘Da kam sein Leiden kunstgerecht zum Ziel,
da hats mein Hirn in Tränen aufgelöst;
da wars –– mein weißer Keuschheitsmantel fiel,
da warf ich ab, was Scheu mir eingeflößt,
dahingeschmolzen ich wie er –– erlöst
durch Tropfen, aber wie verschieden: seine
warn Gift für mich, und ihm Genesung meine.


In him a plenitude of subtle matter,
Applied to Cautills, all straing formes receiues,
Of burning blushes, or of weeping water,
Or sounding palenesse: and he takes and leaues             305
In eithers aptnesse as it best deceiues:
To blush at speeches ranck, to weepe at woes
Or to turne white and sound at tragick showes.

That not a heart which in his leuell came,
Could scape the haile of his all hurting ayme,                 310
Shewing faire Nature is both kinde and tame:
And vaild in them did winne whom he would maime,
Against the thing he sought, he would exclaime,
When he most burnt in heart–wisht luxurie,
He preacht pure maide, and praisd cold chastitie.           315

Thus, meerely with the garment of a grace,
The naked and concealed fiend he couerd,
That th’vnexperient gaue the tempter place,
Which like a Cherubin aboue them houerd,
Who young and simple would not be so louerd.            320
Aye me I fell, and yet do question make,
What I should doe againe for such a sake.

O that infected moysture of his eye,
O that false fire which in his cheeke so glowd:
O that forc’d thunder from his heart did flye,                325
O that sad breath his spungie lungs bestowed,
O all that borrowed motion seeming owed,
Would yet againe betray the fore–betrayed,
And new peruert a reconciled Maide.                          F I N I S


‘Nicht, daß es ihm an Mitteln eines feinen
und abgefeimten Sinnentrugs gebricht!
Brennend Erröten oder Wasser Weinen,
blass Werden –– und er nutzt sie (oder nicht),
er wählt die Täuschung, die dem Zweck entspricht,
wird, wenn er roh wird, rot; weint über Weh;
und, wird es tragisch, wird er weiß wie Schnee;

‘so daß kein Herz, auf das er je gezielt,
ihm unverletzt entkommt, es hat verspielt
–– Natur, so zahm wie wild, die Recht behielt ––
er siegt mit Mitteln, die die List empfiehlt,
er eifert wider das, nach dem er schielt,
und predigt, wenn er brennt vor Lüsternheit,
die Mädchentugend, preist Enthaltsamkeit.

‘Das Kleid nur einer Grazie war es eben,
womit den nackten Teufel er umfing,
daß Unerfahrene dem sich hingegeben,
der wie ein Cherub über ihnen hing.
Von ihm geliebt zu sein –– welch junges Ding
hätt nein gesagt? Ich fiel; doch frag ich mich:
käms wieder so, o weh, was täte ich?

‘Dies Naß in seinen Augen –– infiziert;
dies falsche Glühn der Wangen, ach –– geschürt;
dies Schlagen seines Herzens, ach –– forciert;
dies Seufzen, Ächzen, ach –– herbeigeführt;
dies alles –– nur geborgt, nur imitiert ––
verführte die Verführte auf der Stelle
und kehrte die Bekehrte um zur Hölle.’



Aus KRITIK DER LIEBE –– Shakespeare’s Sonnets & A Lover’s Complaint –– wiedergelesen und wiedergegeben von Günter Plessow. (c) Passau (Karl Stutz Verlag) 2003.


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