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Simon Konttas: Drei Gedichte

Montags=Text
Simon Konttas
Drei Gedichte

„Kiiseli“

An einem stillen Nachmittag, im Hochsommer,
im hohen Norden, als der Pan schlief,
saßen auf der Terrasse eines Hauses aus Holz,
rot, mit weißen Fensterrahmen,
Vater, Mutter, Kind und aßen,
still blickend auf den blendend glitzernden Fluss,
in hellem Rot leuchtende, noch von Kernen,
klitzekleinen Kernen durchsetzte Beerengrütze
aus einer Schüssel aus Glas, rein wie der Fluss,
mit einem weißen Häubchen Schlagobers garniert,
an einem stillen Nachmittag, im Hochsommer,
im hohen Norden, als der Pan schlief.



„Der alte Dichter“

Seine Jugend ist dahin.
Er ist nicht mehr imstande zu dichten.
Seine Illusionen sind zerfallen.
Und an ihrer Stelle das Nichts.
Er trauert jenen Jahren nach,
da er hingerissen war von Freude oder Schmerz.  
Aber die Trauer war wie ein
stilles Wasser, auf dem
schläfrig die Möwen schaukelten,
in einem gleißenden Licht,
mittags, im Sommer.
Wie es ihn langweilte,
wie es ihn verdross.
Wie es ihn hypnotisierte,
das Schwappen des Wassers,
ach, wie es ihn hypnotisierte.



„Dieses Gefühl“

Dieses Gefühl, das mich plötzlich befällt.
Plötzlich, aber nicht unvermittelt: abhängig zu sein
von den Schaufensterpuppen mit ausdruckslosen Gesichtern,
die an Leichen erinnern,
abhängig zu sein von den zerlumpten Menschen,
die ihn ihre Handys starren,
abhängig zu sein von den Werbeplakaten
und den Werbesprüchen, unfähig, eine Rose zu preisen
oder das Licht zur Mittagsstunde
an einem einsamen, aber glücklichen Nachmittag,
dieses Gefühl, ich sei dazu verdammt,
mich auf den Straßen zu bewegen, einen
sinnlosen, unsinnlichen Tanz zu tanzen
mit den U-Bahnen, den Autos und diesen Menschen,
die mich nur anwidern,
die mir nichts mehr geben können, weil
an die Stelle des Mitleids, das ich früher empfand,
der Ekel gerückt ist,
abhängig zu sein von der Tantalosqual
eines niemals versiegenden Durstes:
während ich weiß – ich wusste es früher nicht
oder wusste es, wollte es aber nicht wahrhaben –,
dass nur eines mich erlösen kann
aus diesem Überdruss: das gestillte Begehren.
War ich wahnsinnig, jahrelang darauf zu verzichten
oder werde ich jetzt wahnsinnig, da ich erkenne,
dass ich jahrelang darauf verzichtet habe?
Ich frage mich nur: wozu?
Angesichts dieser ekelhaften Schaufensterpuppen,
bei deren Anblick ich vor lauter Verzweiflung
nicht einmal mehr weinen kann.
Diese Geschmacklosigkeit,
diese Bedürfnislosigkeit:
das alles bringt mich noch um.

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