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Karl Korn: Buchkritik in der Tageszeitung

Diskurs/Kommentare > Diskurse > Lyrikkritik

Karl Korn

Buchkritik in der Tageszeitung

(in: Akzente, 2. Jg. 1955)


Zuweilen bekommt der Zeitungsmann direkt oder auch auf Umwegen die Entrüstung von Schriftstellern zu hören, daß die Zeitung als kritisches literarisches Organ katastrophal versagte. Solches ist auf Tagungen von Autorenvereinen und Akademien geäußert worden. Verwunderlich an der Sache ist, daß es auf der Autorenseite noch Leute gibt, die so tun, als bestünden die alten durch Zulassungen und Mitgliederlisten genau abgegrenzten Schrifttumskader unseligen Andenkens noch, wonach einer entweder ein Kritiker oder ein 'schaffender' Schriftsteller war. Solche Anschauungen entbehren, zumal wenn sie mit Anklagen verbunden werden, nicht einer gewissen Komik. Gibt es denn so etwas wie eine reinliche Gruppentrennung; hier Dichter und Schriftsteller, dort Kritiker, letztere womöglich noch nach Zeitungs- und Zeitschriftenkritikern säuberlich geschieden? Die ganze Debatte ist hoffnungslos steril, wenn Literatur und Kritik nicht als Einheit gesehen oder wenn Kritik nicht als ein integrierender Bestandteil von Literatur überhaupt angesehen wird. Dies muß für jede Art von Kritik gelten, mag die nun in der zweifel-haften geschmäcklerischen Form der Magazinplauderei oder in der ernsthaften Analyse und Interpretation des Zeitschriftenessais auftreten. Kritik ist insofern selbst Literatur, als sie die Selbstreflexion von Literatur ist, was natürlich nicht heißen soll, daß dieser Prozeß nicht mit verteilten Rollen vollzogen werden könnte.
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