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Ivor Joseph Dvorecky: Kohlenfeuer

Gedichte > Zeitzünder
Ivor Joseph Dvorecky

Kohlenfeuer

Als wir das Ende der Treppe erreichten, und die
große Tür hinter uns lag wie ein abgestreiftes
Kleid, begannen die Spiegel die Träume
zu erhellen. In jedem spielte ein anderes Leben,
 
und etwas stimmte nicht mit den Fluchten der
Fenster, jedes ging auf einen anderen Ort
hinaus, aus jedem drangen andere Stimmen herein,
doch schienen alle etwas zu vermissen, und in allen
strich das Licht eines Leuchtturms, der wie die

enigmatische Antwort auf eine Frage war, die wir
nie gestellt hatten und die, das war nun
offenbar, den Teil unseres Namens bildete, den wir
nie verstanden und immer mit einem Punkt abgekürzt
hatten. Und als die Falter der Schmetterlingssammlung

sich erhoben, zerfiel auch unser Leben in
Worte, und wir begriffen, alles geschieht auch
ohne uns, doch ist es jedes Mal ein anderes
Alles. Der Hafen lag gleich hinter der
nächsten Tür, die Züge kamen an, die Schiffe
fuhren ab, nur wenige Minuten blieben

bis zur Abfahrt, und das war hier der
Dauerzustand, weil alles mit allem in Verbindung
stand. Schwarze Kohlenhaufen brannten auf den
Docks, die Frachtschiffe luden neue, uns unbekannte
Maschinen ab, fast nichts von dem alten Zeug
konnte noch verwendet werden. Ein blinder Mann

zupfte die Gitarre, das Jahrhundert war leise
vorübergegangen. Dann setzte ein Regen ein, der alles
fortwusch, Photographien schwammen auf der
Straße, für die sich niemand mehr interessierte,
außer einer Krähe, mit einem Stück Kuchen im Schnabel.


(August 2018)


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