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Heinz Peter Geißler: Drei Gedichte

Gedichte > Lyrik heute
Heinz Peter Geißler

Drei Gedichte
(aus dem unveröffentlichten Zyklus »Bald fang ich einen Vogel ein«)



ho-ho-ho, ha-ha-ha-ha!
der winter ist vergangen
mein haus ist wieder dunkelblau
ich geh mir einen vogel fangen

ich schleich mich durch den morgentau
mit leim und ruten aus der stadt
die ruten sind noch rau

ich reib sie mit dem leimtuch glatt
und bring sie gleich als köder aus
denn wenn der vogel hunger hat

schlüpft er aus seinem nest heraus
und flugs in meinen feinen leim
wie eine taube fledermaus

dann nehm ich einen großen stein
und decke seine flügel zu
und lach mir in die hand hinein



lento. lentamente.
sehr langsam, sag ich.
asslowaspossible.
lassan, lassan – lassan!
die abende sind länger
die tage werden klein
die fröste umso strenger

ich trinke alten wein
die müdigkeit wird schlimmer
ich fange keinen vogel ein

die netze werden dünner
die stangen furchtbar schwer
ich habe kalte finger

die flasche ist schon wieder leer
ich sammle meine messer
und komme nicht mehr her

da wird mein grollen größer
ich hau es in den wald hinauf
die vögel werden böser



am 18. April. ich bin jetzt nämlich seit einiger zeit
einigermaßen hinreichend hier wohlgemerkt.
die müdigkeit kommt dunkel an
der alte stein hängt schwer am hals
weil alles schon so früh begann

am ende eines tals
als es noch winter war und still
und keine vögel flogen, falls

ich mich daran erinnern will
die müdigkeit kommt dunkel her
es ist der achtzehnte april

die flasche ist schon wieder leer
es war ein schlechtes jahr
der stein am hals wiegt schwer

die müdigkeit ist doppelt da
ich lege mich noch einmal hin
weil ich schon wieder müde war


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