Heinrich Meier: Leo Strauss - Zur Sache der Politischen Philosophie
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Jan Kuhlbrodt
Heinrich Meier: Leo Strauss. Zur Sache der Politischen Philosophie. München (Beck Verlag) 2025. 607 Seiten. 38,00 Euro.
Philosophie als Lebensform
Heinrich Meier legt im C.H.Beck Verlag ein umfangreiches Werk zur Philosophie des deutsch-amerikanischen Denkers Leo Strauss vor.
Meier, 1953 in Freiburg geboren, entstammt, wenn man so will, der politisch rechten Ecke im Feld bundesdeutscher Philosophie und trat mit Arbeiten zu Carl Schmitt und eben Leo Strauss hervor.
Seit einigen Jahren gibt er die Werke von Leo Strauss heraus. Sowohl als Herausgeber, als auch als Übersetzer der englischsprachigen Texte.
Aus den Vorworten zu den jeweiligen Werken komponierte er dieses Buch, das den Gang des Strauss‘schen Denkens geradezu minutiös nachzeichnet.
Leo Strauss wurde 1899 geboren und starb
1973 in Annapolis in den USA. Schon Anfang der Dreißigerjahre des vergangenen
Jahrhunderts ging er auf Vermittlung Carl Schmitts nach Paris, wo er zunächst
blieb, und entzog sich so der Verfolgung durch die Nazis. Später ging er in die
USA: Als Professor für Politische Philosophie lehrte er von
1949 bis 1969 an der University of Chicago. Strauss gilt als Begründer einer
einflussreichen Denkschule – der Straussianer – und als Kritiker der modernen
Philosophie sowie des modernen liberalen Denkens überhaupt. Strauss war somit
einer der Begründer des Neokonservativismus in der Philosophie.
Die Idee der
Philosophie als Lebensform spielt im Denken von Leo Strauss eine zentrale Rolle
und steht in engem Zusammenhang mit seiner Kritik an der Moderne und seiner
Rückbesinnung auf die antike politische Philosophie. Die meisten, der von Meier
ausführlich dargestellten Werke befassen sich mit Prozessen antiker Philosophie
und der Entgegensetzung religiöser und philosophischer Denkweisen, die Strauss
– wie übrigens auch Schestow – nach den Städten Athen und Jerusalem, sozusagen
als gedankliche Hotspots, benennt.
Strauss sah in der
modernen Philosophie eine Abkehr von der klassischen Tradition, in der
Philosophie noch als eine bestimmte Lebensweise verstanden wurde. Er
argumentierte, dass die Moderne, besonders die moderne Sozialwissenschaft, die
grundlegenden Fragen nach dem richtigen Leben und der Gerechtigkeit aufgegeben
hat. Prägnant führt er das in seinem Werk „Naturrecht und Geschichte“ aus.
Für Strauss war die philosophische Lebensform kein stati-scher Zustand des Besitzes
von Weisheit, sondern eine unaufhörliche Suche nach dem Wissen von der
"ewigen Ordnung". Der Philosoph widmet sein Leben dieser Suche, auch
wenn er davon ausgeht, dass dieses Wissen vielleicht nie vollständig erreichbar
ist. Die Figur des Sokrates ist für Strauss der Archetyp philosophischen
Lebens. Sokrates' Leben und Tod in Athen verkörpern für ihn die zentrale
Spannung zwischen dem Philosophen und der politischen Gemeinschaft, der Polis.
Das Sokratische Phänomen ist das Idealbeispiel dafür, wie ein Philosoph
innerhalb einer poli-tischen Gemeinschaft existiert.
Strauss sah einen unüberbrückbaren Konflikt zwischen der philosophischen
Suche nach der Wahrheit und den politischen Realitäten der Stadt. Der Philosoph
muss sich mit der Politik auseinandersetzen, aber auch anerkennen, dass die
Wahrheit nicht immer mit den vorherrschenden politischen Ansichten vereinbar
ist.