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Harsdörffer: Poetischer Trichter, Dritter Theil

Poeterey




V.


Von der Nachahmung.
(de Imitatione.)



DAs Gedicht / dahin dieses Buch meinsten Theils abzielet / hat eine grosse vereinbarung mit der Mahlerey. Ein Mahler aber muß anfänglich andere geringe Gemähle für die Hand nehmen / selbe nachzeichnen / die Freundschaft und Feindschaft der Farben erlernen / ihre Mischung Liecht und Schatten verstehen / und wann er darinnen geübet / so ist die Natur sein bester Lehrmeister deren er Kunstrichtig nachzuahmen verbunden ist. Gleicher Weise muß der Redner erstlich andre wolgestelte Reden oder Gedichte lesen / ihre wolgeführte Wort beobachten / Ihnen die Meisterstreiche / die zierlichen Figuren / die natürlichen Beschreibungen / Wortgleichheit / Gegensätze etc. ablernen / und als dann seine Gedanken zu Raht ziehen / seinen Inhalt entwerfen / nach allen Umbständen überlegen / und zuletzt mit schicklichen Worten begreiffen und ausbilden; Massen keiner so glückselig / daß ihm das beste am ersten einfallen sol. Ein solcher Entwurf wird ihm die gantze Sache (wie der gute Grund-Riß deß Mahlers Gemähl) leicht machen. Besihe folgenden 90. §. hiervon. Tomaso Stiglinani erinnert in der Vorrede seiner Gedichte / daß der Anfänger in der Poeterey und in der Mahlerey / erstlich geringe und leichte Sachen nachkünstlen / alsdann mit zuwachsenden Jahren und Verständniß schwere Arbeit unternehmen.
43. Die Dolmetschung gleichet dem durchzeichnen I wann ich nemlich das vorgeschriebne in eine andre Sprache / und gleichsam auf eine andre Tafel überbringe. Ob nun wol dem Dolmetscher obliget bey der Grundsprache Meinung genau zu verbleiben / so sind doch die Gedanken der subtilen Geister zu weilen so hoch aufgestiegen / daß sie in unsrer Sprache nicht füglich ausgeredet / und vernemlich gegeben werden können. Deßwegen man den Wortverstand zuruckelassen und die Meinung allein dolmetschen muß; Massen viel verantwortlicher ist / man gehe zu weit von der Grundsprache / und gebe sich zuverstehen / als man verbleibe so nahe darbey / daß es der Leser nicht fassen und begreiffen möge. Zum Exempel setze ich was Galeazzo Gualdo Priorato bald in dem Anfang deß Lebens deß Hertzogen von Walsteins schreibet / mit diesen Worten: Niente opera nel corso di su vita, chi malamente opera su' l' termine della sua morte. In questo centro si ferma il compasso dell humano judizio, per ridurre, le linée del premio alla circonferenza del merito &c. Wann ich nun dieses von Wort zu Wort teutschen wolte / so müsste ich sagen:


Der richtet in seines Lebens Lauf nichts aus I welcher nicht wol zu desselben Ende gelanget. Soldies ist der Mittel-Punct / auf welchem der Cirkel Menschliches Urtheils fusset / alle andre Linien der Belohnung nach dem Verdienst deß Umkreisses zu fiihren / und zu schliessen.


Ist sehr schwer zu verstehen und vielleicht verantwortlicher zu Folge deß Verfassers Meinung / also zu dolmetschen:


Der jenige hat seines Lebens Lauf übel volführet / der mit Schanden zu den Todes Ziel gelanget / von welchem fast alle nach ihm lebende zurucke sehen / und seine Tugenden mit gebührlichen Lobspruche / oder seine Laster mir verdienter Schand-Gedächtniß beurtheilen.


Dieses ist vernemlicher geredet / und stehet dem Dolmetseher frey eine andre schickliche Gleichniß zu gebrauchen / oder wie hier / von dem wettlauffen zuverharren / als welche der ersten Meinung genugsam und deutlicher ausdrucket / und der jenige verleurt das Lob eines Dolmetschers / welchen man nicht oder schwerlich verstehen kan. Wann ein Frantzos oder ein Italianer ein teutsches Kleid anziehet / sol es ihm so gerecht seyn / dz man ihn für keinen Fremden / sondern für einen gebornen Teutschen halten kan. lch will sagen / dz die beste Dolmetschung ist / welche man für keine Dolmetschung hält.


44. Es finden sich auch zuweilen zweydeutige Wörter / auf welchen der Nachdruck der Rede beruhet / und sind solche mit dergleichen Teutschen zweydeutigen Wörtern oder (aequivocis) zu dolmetschen / wie in nachgehenden Verslein / so zu einem Blumenbuch vermeint gewesen:


Hos, Lector, flores (scilicet pictos) madidus non diripit Auster;
   Tu lege celicias lumine, non manibus.


Das Wort legere heist so wol  l e s e n  wie in einem Buch I als auch  a u f l e s e n / wie die Früchte oder Blumen  a u f g e l e s e n  und gesamlet werden.


Die Blumen lässt der Wind von Suden her genesen /
du solst sie mit dem Aug / nicht mit den Händen lesen,


45. Wann aber das Wort in unsrer Sprache nicht zweydeutig ist / so muß der Dolmetscher ein anders suchen / daß dergleichen Vertand zu seinem Inhalt bringet. Zum Exempel sagt Sireno von der Diana


Bien pensava ijo  c a b e l l o s
que no fuera otro pastor,
digno de verse  c a b‘ e l l o s


cab'ellos heisst b e y i h n e n cabellos heissen  H a a r e / der Delmetscher hat dieses also gegeben:


Ich muß ob euch erstarren
   Ihr  H a a r  auf diesen Band‘
es nennt euch von be h a r r e n
   der euch nicht hat erkant. etc.


Hiervon ist ein feines Exemp el in dem Wort überwinden zu ersehen der Göttlichen Liebesflamme deß hochbegabten und Geistreichen Mannes H. J. M. Dilherrens wie auch in den LXXXII. Gesprächspiele etc. daß also der Dolmetscher zuweilen ein Erklärer und Ausleger mit «seyn muß / wann er besagter Massen seinen obhabenden Ambt ein Genügen thun will». 1m Fall sich auch kein solches zweydeutiges Wort in unsrer Sprache finden solte / sol der Dolmetscher lieber solches auslassen oder gleichmässig austauschen als etwas unverständliches einflechten: als in folgendem Verse / da ein Mutter-Mörder mit dem AEnea verglichen wird:


Sustulit hic patrem, sustulit ille matrem.


Weil nun kein Wort in dem Teutschen zweydeutig / wie hier sustulit, das  d a r v o n T r a g e n und auch  a u s  d e m  W e g e  r a u m e n  und  e r w ii r g e n heisst / kan der Dolmetscher mit Fug sagen:


Der bracht den Vater aus der Noht /
der bracht die Mutter in den Tod.


46. Wann ich aber eines andern Meinung gantz behalte und nur  m i t  a n d e r n  W o r t e n  ausrede / ist solches gleich dem Gemähl / welches mit andern Farben dem ersten von guter Hand gemahlten Stücke nachgemahlet wird. Dieses ist so zulässig / als bey den Lacedämoniern das listige Stehlen / welches / wann es nicht erfahren worden / unbestrafft geblieben. Die Exempel beyzusetzen ist unvonnöhten / weil solche bey den heutigen Poeten gemein und die Sache leicht zuverstehen. Wer nun redlich handlen / und fremdes Gut nicht für sein eignes ausgeben will / der setzet darzu wie Herr Opitz: f a s t  a u s  d e m  N i e d e r l ä n d i s c h e n / n a c h  R o n s a r d s Sonnet etc. Ist es aber zuweilen nur ein Art zu reden / und kein gantzes Gedicht / so darff man nicht allezeit vermeiden / aus wem es entnommen worden. Welcher nun viel gelesen der machet gleichsam aus vielen Bächen einen guten Poetischen Einfluß den er zu seinem Vorhaben ohne Mühe leiten wird.
Wann ich aber eines andern Meinung nicht vollkommenlich behalte / sondern von derselben gleiche Gedanken absihe und denselben  n a c h a h m e / von eignem Wolvermögen darzuthue / und nach meinem Vorhaben richte, so vergleicht sich besagte  N a c h a h m u n g  mit dem / der ein oder mehr Gemähle zu Gesicht gefasset / und hernach zu Hause etwas dergleichen jedoch mit andren Stellung mahlet. Hierher gehöret was Cicero aus Demosthene / Virgilius aus Homero, Horatius aus Pindaro abgesehen und sehr gliickselig nachgekünstelt / daß auch jener recht gesagt: die Römischen Redner und Poeten haben aus der Griechen alten Mänteln neue Kleider gemachet / und sie mit güldnen und silbernen Borten verbremet / daß sie nicht mehr erkantlich gewesen. Oder / wie einander hiervon ein solches Gleichniß gegeben: der jüngern grosse Kertze ist von der ältern kleinen Lampen angezündet worden / und leuchtet viel heller als jene. Zu solchem Ende lesen wir vortrefflicher Leute Bücher / daß wir von ihnen lernen und ihrer Wolredenheit nachahmen wollen.
47. Es füget sich auch / daß diese Nachahmung nicht nur dem urstandigem Stücke (Original) gleich / sondern von dem Meister der Kunst noch wol besser gemacht wird / wie Scaliger von obermelten Poeten urtheilt; Massen man den allerzierlichsten / und nicht dem schlechtsten nachzuahmen pfleget; welches geschihet / wann die abgesehene Gleichheit nicht kan beobachtet und vermutet werden / daß es eine eigne Erfindung scheinet / als wann ein Mahler / ohne Beyhülffe andrer Kunst-Stücke mahlet / was kein andrer vor ihme gemahlet; welche eigne Erfindungen so viel höher geachtet / so viel seltner sie zu Werke gebracht werden: jedoch mag er durch eines andern Meister Prob zu solcher Arte zuschreiben oder zu mahlen seyn veranlasst worden.



VI.


Von den Gleichnissen.



IN vorhergehender Betrachtung haben wir von der Nachahmung geredet / und solche mit der Mahlerey verglichen / benebens Erinnerung / daß ein Beflissener Liebhaber der Teutschen Sprache es machen sol / wie Zevxes der aus allen Jungfrauen in Griechenland ein Venusbild gemahlet und von jeder nur ein vortreffliches Stuck der Schönheit abgesehen: Massen nicht den Fehlern / sondern der übertrefflichkeit in der Rede nachzuahmen / welche so wol dem seltnen Inhalt / als den schönen Worten beygemessen wird / und von diesen letzten müssen wir unsre Betrachtung fortstellen.
52. Die Figuren / welche die Rede zieren / sind unterschiedlich / und werden Tropi, zu Teutsch  D e u t u n g s - A e n d e r u n g e n  genennet / weil sie die eigentliche Deutung eines Wortes verändern / und ist hiervon zu wissen daß I. etliche Sachen / so wesentlich aneinander hangen / daß man einen Theil fur das Gantze / und das Gantze für einen Theil nimmet / geheissen der  N e b e n b e g r i f f  (Synecdoche) II. Werden etliche Sachen miteinander gefüget und zusammen gesetzet / als wann eine Ursach für derselben Werk / oder ein Grund-Wort für das beyfügige (cum rem ex adjunctis cognoscimus) genennet wird / daher wir solches eine Veränderung (Metonymiam) heissen. III. Hangen etliche Sachen durch eine Gleichniß aneinander / daß man eines an Statt deß andern setzen kan / und entstehet also die  U m s e t z u n g / (Metaphora.) IV. Werden gantz widerige Sachen gegen einander gehalten / und hieraus kommet eine Spottrede (Ironia) oder ein Gegensatz / der mehrmals gar artig ist / also: Die sterblichen Menschen / sollen keine unsterbliche Feindschafft hegen etc. Von diesem ist bey den Lehrern der Redkunst ein mehrers zu lesen.
53. Unter besagten Figuren ist gleichsam die Königin die Gleichniss. «Der Lehrbegierige Verstand hat zwey Mittel sich zu vergnügen: 1. in Erkantniß der Sachen selbsten / ohne Betrachtung / was derselben Eigenschaft / und Beschaffenheit sey» / wann sie mit andern vereinbaret wird. 2. Durch die Gegenhaltung gleichständiger Sachen / wann man viel auf einmahl anschauet / und solche gegeneinander hält / ihre Gleichheit und Ungleichheit betrachtet / und diese Erkantniß vergnüget den Verstand so vielmehr / so viel weiter sie sich erstrecket / eine Sache vollständiger an das Liecht setzet / und gleichsam von einer Warheit / in die andre leitet. Diesem nach ist die Gleichniß der Hebel oder die Hebstangen / welche durch Kunstfügige Ein- und Anwendung aus dem Schlamm der Unwissenheit empor schwinget / was man sonder solche Geretschafft unbewegt muß erliegen lassen. Aristoteles sagt hiervon recht / daß «die Erfindung eines schicklichen Gleichniß ein Anzeichen seye eines vernünfftigen Schulers / weil nemlich solche / besagter massen zweyer oder mehr Sachen Kundigung mit einander verknüpfet» / welche sonsten absonderlich nicht leichtlich erkennet werden mögen. Also vergleichet er einen Regenten mit einem Baumeister (in princ. Ethic.) und sein Stadt-Regiment dem Gebäue.
54. Quintilian (Inst. Orat. I: 8. c. 3.) meldet daß der Gleichnisse zweyerley: Etliche erklären / etliche beweisen: Die jenigen welche erklaren / müssen eine unbekante Sache / durch eine bekante vorstellig machen / wie etwann deß Blinden Stab seine Schritte versichert. Zum Exempel: Virgilius erzehlet (l. 4 AEneid.) daß AEeneas von der Didone bewogen / etliche Threnen über seine Wangen triefen lassen / jedoch sonder Nachtheil seines Heldenmutes. Dieses nun deutlicher zu erklären / giebt er das Gleichniß von einem Eichenbaum / welcher von den stürmenden Norden durchwehet / etliche falbe Blatlein fallen lässet / und doch mit seinen Stämmen wurtzelfest bestehet. Ein solches Gleichniß ist bey Catullo zulesen in dem er die verlassne / rasende und zugleich erstaunende Arianam beschreiben will / vergleiche er sie einer Gefertin deß Weingötzens Bacchi in Marmol gehauen / die wegen deß Steines unbeweglich / und wegen der Kunst unsinnig geberdet scheinet. In diesen Gleichnissen ist der  E i c h b a u m und das gemeldte Bild bekannt / die Gemütsneigungen der besagten Personen unbekant / und werden gleichnißweiß erkläret und ausgebildet. Also sagen wir pechschwartz / Kreitenweiß / Rosenrot etc. welches nichts anders als kurtze Gleichnissen sind / und so vieI sagen: es ist so schwartz als Pech / so weiß als die Kreit / so rötlich als die Rosen etc.
55. Die andre Art der Gleichnissen / welche beweisen sey. Zum Exempel / die Gleichniß Menenii Agrippä von dem Magen / den Gliedern / und dem gantzen Leibe / wie nemlich keines ohn deß andern Beyhülffe bestehen möge / zugleich aber alle erhalten werden können. Solcher Beweiß wird so viel stärker seyn / wann die Gleichniß von einer Sache hergeführet wird / welche in vielen Stücken zugleich eine Vereinbarung zulässet / wie in vorgesetzten Exempel / da das Haubt mit der Obrigkeit / der Adel mit den Armen / die Füsse mit den Unterthanen / die Nerven mit dem Gelt / der Magen mit der Regierung und solches alles mit vielen schicklichen Umständen kan vereinbaret werden; und gebrauchet sich eben solcher Gleichniß der Apostel Rom. I 2/4. sagend:


Gleicher Weise als wir in einem Leibe viel Glieder haben / aber alle Glieder nicht einerley Geschäffte: Also sind wir viel ein Leib in Christo / aber untereinander ist einer deß andern Glied etc.


Es scheinet aber daß solche Gleichnisse die Eigenschaft der Exempel haben / die auch sonsten eine Sache zu beweisen angeführet werden.
56. Solche Exempel haben etlicher Massen eine Gleichheit in sich; welche auf eine Schlußrede können gezogen werden / wie in der Fabel Menenii / die dahin zielet:


Es kan ein Antheil eines andern Theils Last so wenig ertragen; So wenig ein Glied deß andern Ambt kan verrichten:


Nun ist der Raht zu Rom ein besonder Theil deß Regiments / und ihr seid der andre Theil; darumb kan und soll der Raht nicht euer Ambt / noch ihr das seinige tragen. Der gleichen führet auch Aristoteles an / zubeweisen / daß man eine Sache erstlich haubtsachlich / nachgehends absonderlich erkennen sol; gleich wie ein Kind / sagt er / anfangs / alle Männer Vater und alle Weiber Mutter nennet / nachgehends aber die Eltern unterscheiden und andre auch mit ihren Namen nennen lernet.
57. Seneca / welcher ein Meister in den Gleichnissen gewesen ist / wil beweisen / daß man nicht alle die Bosen straffen sol / damit sie sich mit gesammter Hülffe den Frommen nicht widersetzen mochten: gleich wie in dem Raht zu Rom berahtschlagt worden / man solte alle leibeigne Knechte mit einem Brand / oder auf andre Weise an den Kleidern bezeichnen / damit sie von den Freygebornen unterschieden werden möchten: Dieses ist aber für sehr gefährlich gehalten worden / weil sie sich solcher Gestalt zehlen / und wegen ihrer grossen Menge / wider ihre Herren rottiren möchten.
58. Solcher Gestalte flüssen die Gleichnisse zuweilen von Gedichten oder Geschichten hergenommen: welche dann / als Exempel Gleichnißweise angeführet werden. Wer nach eines andern Erfindung mit Unverstand mißahmet / wenig gelesen hat / und dasselbe aller Orten einflicken will / ist gleich dem Tyrannen Parastate der seine Gäste in ein Bett geleget / denen die zu groß hinein gewesen die Füsse abgehauet / die aber zu klein gewesen so lang ausgedehnet / daß sie deß Bettes Länge gehabt. Von solcher Mißahmung ist bereit in vorhergehender Betrachtung Meldung beschehen.
59. Wie nun durch diese Art der Gleichnissen ein Beweiß geführet wird / also wird auch eine Meinung / dardurch widerleget / (per instantiam.) Die Juden wolten nicht glauben / daß ihnen Christus nach seinem Tode würde nutzen können: Dieses widerlegte der Herr Christus mit dem Gleichniß von Weitzenkorn / welches zuvor verwesen muß / ehe es Frucht bringet: und beweiset also / daß eine Sache nach und durch dem Tode kan Nutzen bringen.
60. Wie nun die gute Gleichniß beweiset / also betrüget im Gegenstand die falsche Gleichniß / wann nemlich der vergleichende Theil gar nicht waar / oder nicht durchgehend waar ist. F. Castelvetro gibt ein Exempel wider den Cardinal Bembum schreibend: Gleichwie der jenige / welcher zwey Häuser hat / eines in der Ferne / das schlecht bequemt ist und einen grossen Palast in der Nähe mit aller Zugehör versehen / wohnet aber in dem Schlechten / ihm selbsten unrecht thut: Also handelt auch der unbedachtsam / welcher in einer fremden Sprache schreibet / und sich seiner Muttersprache / die er so vie1 reichlicher besitzet / nicht achtet / etc. Der Nachsatz oder der Vergleichsatz ist nicht richtig und durchgehend waar / massen man zuweilen fremde Sprachen besser lernet und fleissiger studiret / als seine angeborne Muttersprache: So trifft auch der Vorsatz nicht allezeit ein; Massen mancher mehr Lust hat in einem geringen Hüttlein auf dem Lande zu wohnen / als in einem grossen Palast in der Stadt. Schlüßlich ist nicht vonnöhten / daß die Gleichniß in allen Sachen eintreffe / und ist genug daß sie in etlichen / oder nur gar in einem Stucke / in welchem sie nemlich zu der Erklärung oder Beweiß angeführet worden / eintreffe. Hiervon ist ein mehrers zu lesen in den Gesprächspielen und kan man aus dem besagten alle Gleichnussen auf die Prob setzen und ihren Nachdruck ausfündig machen.


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