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Enno Ahrens: Identitätswehen

Gedichte > Zeitzünder

Enno Ahrens


Identitätswehen
 

In Wahrheit habe ich mich verkrochen
im Gefieder meiner Traumaeule,
meutere gegen mich selbst; auf
meinem Narrenschiff habe ich
mich übergeben, unweit vom
Quantenmeer die Schaumkrone
abgesetzt, mich ent-icht. Deine
Unwetterwarnung dringt zu
mir herüber auf die Nebelbank:
“Ein des Lebens Überdrüssiger
sollte sich nicht hirnlos in
den Kopf schießen.”
Wie nett von dir. Ich erahne
das listige Lächeln in deinem
bleichen Marshmallowgesicht.
Lebensmüde klettere ich
hinauf auf meinen Leuchtturm
zu der Sommerwiese und
der indianischen Schwitzhütte,
kappe den dünnen Draht des
Kapitalisten zu der Goldader
meines Stammes; im dunklen
Seelengrund zünde ich mir
eine Marlboro an, der Funke
scheint übergesprungen zu sein;
ein Gefühl ist in mir inhaliert von
Unabhängigkeit und Abenteuerlust.
Und der Himmel zieht sich zu mit
Rauchzeichen, nur durchdrungen
vom Mondlicht, wie aus einem
Guckloch erscheint das hellsichtige
Auge meiner Traumaeule. Sie
begleitet mich überall hin, kennt
das Geheimnis meiner Steißgeburt.
Ein Jeder hat halt seinen Vogel.

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