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Bernd Lüttgerding: Bockstaeler Elegie

Gedichte > Gedichte der Woche

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Bernd Lüttgerding

Bockstaeler Elegie


Gelassen im Feinstaub, bemerkt vom künstlichen Licht
steh ich und stake auf Stelzen stolpernd über den
steinigen Grund. Ich weiß, wenn ich fiele, nicht, wer mich finge.
Dressiert dazu, erwartungsarm durchzuseihen,
hoffnungsfrei, was mich antasten will, erscheint
Krieg geläutert in Gartenmetaphern, an seinen
Früchten sollt ihr schmucke Schrecken später erst so recht
erkennen; er ist, wie er ist, sein Grauen menschlich, die
Menschen, - nun... - und »du wirst die Welt nicht ändern«;
Tod entlastet mich derer, die als Lebende auf meinen
Schultern saßen. Jetzt schwant mir kaum noch von Ahnen,
Wenn du im Unglück willst verzagen so denk
an Kaiser Friedrichs Wort: Lerne leiden ohne zu klagen
Hinsichtlich der Liebe erzählte jemand, da gäbe
es jetzt ein Medikament. Meine Tränen sind eine
Formsache, um Erwartungen gerecht zu bleiben. Als
Kind wurden sie mir ausgeredet. Ein Junge
weint nicht. - Einem Armen reicht es nicht und dem
Bösen bleibt sein Gut. Glücklich ist wer
vergißt was nicht mehr
zu ändern ist sang mein Vater selbstvergessen, bekam
Schüttellähmung und starb schreiend.
Mein Schmerz spannt keine Sehne und schießt mich
nirgendwo hin. Gelassen beschienen von den
Blitzen der Hochspannungsleitung
stehe ich untätig, als Wegschauer im Stadium der Reife,
unfähig, das Fehlen meiner Stimme hörbar zu machen
habe ich dazugelernt, bin misstrauisch, so
schilfrohrhaft biegsam, wie der Weise empfiehlt,
ja und nein sind zwei farbige Filter, die ich
übereinanderlege, wenn ich durch sie in die Sonne sehe.
Ich brauche wenig und erzähle mir, ich rechne mit dem Scheitern.
Weil deine Küsse auf mir trocken wurden,
lasse ich die Welt untergehen aus Sehnsucht
           nach Tapetenwechsel.
Ich Schuldaffe ertrage mich, gelassen im Feinstaub, doch
trägt mich weder eine Sänfte, noch das Wasser,
denn haltlos bin ich, selbst Welle, nicht Schiff.
Ich gleite durch unter allem, was mich besitzt, verschmelze wahllos,
in jedem Augenblick ein anderer und ohne Dauer.
Und die Sterne sind Staub auf dem dunklen Bildschirm.
Ich bin langweilig, dumm und nichts ist mir klar.
Dass ich kindisch würde, schreien wollen könnte,
trunken von echtem Leid und mit dem Fuß aufstampfen,
dass es Funken schlüge. Zurückgelassen im elektrischen Licht,
habe ich keinen Stein und keinen Grund, Feuer zu schlagen.
Und doch möchte ich meine Schiffe brennen sehen.


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