André Schinkel: Hufe und Federn
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Foto: Susanne Theumer
André Schinkel:
Hufe und Federn
Das
wollte ich immer schon sagen – die Dinge in mir zum Klappern bringen, das Licht
an- und ausschalten in der Nacht meiner ›Gedanken‹ und nicht nachdenken dabei,
niemals nachdenken, wie ein Pferdeapfel auf der Straße glücklich vielleicht,
oder ein toter Spatz, den nichts mehr kümmert, kein Hunger, kein Zanken, kein
Kacken, kein junges Viehzeug im Nest und im Gefieder, keine dieser elenden
Aufgaben, die zum Kotzen sind und zum Auf-der-Straße-Rumliegen, nix, nix, nix,
nur Stille, in Stille gesagt, nur in mir, wenn ich auf der Straße liege, von
den Hufen tollwütiger Pferde berührt, was mir egal ist, und doch die Dinge zum
Klappern zu bringen, klippklapp, tief in mir. Das wollte ich lange schon sagen,
in der Hoffnung, daß niemand mich hört oder jemand oder jeder, tausend
lauschende Pferdeäpfel im Dreck, von toten Spatzen umringt, sich zankend in
größter Stille, wer den Hafer mir aus dem Herz pickt – ist mir egal, sage ich,
ihr Arschlöcher, pickt nur, ihr stinkenden Strünke, schleift euer fauliges
Gefieder an mir – für immer will ich das sagen, aber leise in mir. Daß keiner
es hört. Und in den toten Spatzenohren dröhnt, als gäbe es da Säle und
Schlösser, in denen das Nichts hallt, als wäre da Platz für das stumme Gebrüll
eines Pferdeapfels, der auf der Straße liegt, wispert und stinkt, daß es eine
Pracht ist und tote Spatzen aufweckt. So stelle ich mir das vor und ziehe mir
die Decke aus toter Sperlingshaut über den Kopf, in diesem Nichts aus sinnlosen
Worten, ihrem Geklapper noch ein Stündchen zu schlafen, bis das nächste
Pferdefuhrwerk vorbeikommt und mich tief und gründlich zerrädert im Staub.