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Tobias Roth: Kirchspiele - Solferino, San Pietro in Vincoli

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Und das ganze Lob vergeht. Das Skelett ohne Flügel ist in der Überzahl. Geweihte Beinhäuser in der lieblichsten Landschaft, die sich denken lässt. Rund um Solferino, wo sich, altes Brauchtum und Bequemlichkeit, Österreich und Frankreich treffen, um es unter sich auszumachen, wem Italien gehört. In der Apsis ein Kranzgesims aus gemischten Knochen, man sieht die Architektur vor der Masse versagen. Die Knochen wurden zehn Jahre nach der Schlacht, die den neuen Staat heraufführte, wieder ausgegraben, als der Sieg schon Sieg war und der neue Staats auch neue Hygienerichtlinien erlassen hatte, die regelten, wo und wie die Massengräber in den Weinbergen zu öffnen seien. Ein weit und breit geschätzter Tropfen. Der Zahn Saturns gefühllos gegen die Flüssigkeit, die er freisetzt in die Vorratskammer der Welt. Da stehen noch Bäume, die von den Kanonaden gekappt wurden. Es herrscht im Gedenken allgemeine Fröhlichkeit, dass die Schlacht so besonders blutig und irr gewesen ist, weil sie das Rote Kreuz nach sich zog.


(Solferino, San Pietro in Vincoli)


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