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Tobias Roth: Kirchspiele - Rom, San Pietro in Vaticano

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Und das ganze Lob vergeht. Das geflügelte Skelett unter rotem Marmortuch, flüssiger Damast. Schüttelt die Sanduhr bis ins Langhaus und hebt den Flügel über Stadt und Welt. Berührt alle Stirnen, kalte Bronze, Nadelstich, häkelt beharrlich durch die grauen Lappen hinter den Schläfen. In den leeren Augenhöhlen spiegeln sich noch die bunten Böden, ziseliertes Schmelzwasser, die aber nicht mehr von Blumen abgelöst werden nach diesem langen, langen, goldnen Winter. Ruhmreicher Sommer, versteht sich, aber die weißen Steingesichter schweigen dazu. Und was hilft es wohl, ein Brandopfer bringen, den Regeln folgend, neun Tage muss man nicht warten, für seine und der Seinen weltliche Macht, bis die Sanduhr an den Stirnen zersplittert und das Knirschen zwischen den Zähnen den Wolkenraum erfüllt, Eingang in den Marmor, Brandung der Metalle. Indessen würgt die Kirche die Massen ein und aus, Allegorie und Maschine ohne Aufgabe und Bedeutung, und draußen über der Tür, da steht es ganz deutlich, wessen Haus und wessen Gebet das sein soll: Paulus Borghesius Romanus. Geboren am 17. September 1552 in Rom, so deutlich geht es zuweilen. Als würden es alle glauben und keiner auf sich selbst hören, frei drehendes Charisma.



(Rom, San Pietro in Vaticano)

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