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Tobias Roth: Kirchspiele - Neapel, Cappella Pontano

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Auswuchs von Santa Maria Maggiore alla Pietrasanta. Schräg gegenüber seinem Wohnhaus lässt Giovanni Gioviano Pontano die Kapelle errichten, als Grablege für seine Frau, die er täglich besuchen wird. Nach und nach werden seine Kinder hineingelegt, seine Freunde, schließlich er selbst. 1490 beginnt der Bau, 1492 ist er vollendet, 1494 wird er geweiht. In der Zwischenzeit brechen mehrere Welten zusammen, ob durch ihre Entdeckung oder nicht. Der Tempel strahlt sein ruhiges Gleichmaß aus Vertrauen und Genussfähigkeit auf das Gewusel im Suq von Neapel. Via dei Tribunali Ecke via del Sole, Kreuzung von Sonne und Gericht. Auf der Außenhaut der Kapelle Inschriften, die die Wand in schmale Seiten gliedern. Pompeo Sarnelli schreibt in seinem Reiseführer über die Sehenswürdigkeiten Neapels 1685, man könnte die Kapelle als un libretto co’ fogli di marmo scritto di dentro e di fuori in versi ed in prosa bezeichnen, als ein Büchlein mit marmornen Seiten, die innen und außen mit Versen und Prosa vollgeschrieben sind. Ein Dichter will ein Haus bauen und es wird doch ein Buch. Die Kapelle hat außen, um genau zu sein, ein Dutzend Seiten. Es sind gute, brauchbare Sätze, die da stehen. Besonders dieser reißt sich mir ins Auge: In utraque fortuna fortunae ipsius memor esto. Egal, wie dir die Fortuna mitspielt, ob sie dich erhebt oder erniedrigt, denke daran, dass es stets die Fortuna ist. Ich glaube nicht, dass das in erster Linie ein Satz des Trostes ist für jene, die unter das Rad gekommen sind.


(Neapel, Cappella Pontano)



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