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Michael Blümel: irlandeck 1 - 3

Montags=Text
Michael Blümel
irlandeck I - III

irlandeck I

eine horde ermüdeter brotkrümel
auf dem wehrhaften eisenbeschlagenen tisch
der nach lokschuppen duftet

früh vernimmt man
den straffen appell
knattender torfstechmaschinen

unermüdliche maschinengewehre
fest ins moor beißend
bedecken gräbendurchzogene landstriche

kein einziges ducken eines kaninchens
schreckhafter abflug diebischer vögel
dafür ewigkreisend wiederkäuendes

ringsum strecken mythologische riesen*innen
breite ärsche gen stockwerkebedachtes himmelsgewölk

zweireihige gebrechlige nägelbesohlte holzstege
bäumend vor dem absumpfen
vor hüpfenden spinnen

jeden schritt bedacht
schimpft man über nasse socken
freut sich über schafswolle


Michael Blümels Illustration zu William Butler Yeats: "The Hour Before Dawn"
irlandeck II

hinkelsteingeworfene traktorenschaufelngroße mauern
ein wettlauf der gemarkungen
bis zu den dickköpfigen steingrenzen
liegender brüste
bezahlen brüssel & straßburg

welch fleiß floss
erzählende flüsse hinab
wie blut geschlagener hände

ein ruhiggestellter drahtentwurf
trennt mich von einem bullen
tausende steine von
meinem cottage




Michael Blümels Illustration zu William Butler Yeats: "On A Political Prisoner"
irlandeck III

o du dauerquasselnder adhs-bach
über den tropfenflimmernden blätterdächern
gröle gefälligst erst auf sichthöhe
über die dickhäutigen normannen
& deren erdtiefes wissen
um die reichhaltig an verstecken
ausgestattete schwimmende landschaft

ihr zahlenfernen faulen mulden
wild gekreuzt & gedankenquer
angestaute fußläufe von mensch tier
vegetativer protz- & prachtgewächse
später die vielfältig hinterhältigen drähte
schlaglöcher gefüllt mit kuhfladen
ein jammern durchdringt nebelbänke
wegen schmutziger schuhsohlen

bühnentauglich william butler yeats
mimikunterstützten erläuterungen
gegenüber blaublutgesäugten gästen über
londons designte neuigkeiten in der
von weibesmund gehauchten
35 £ offerte thoor ballylee

von wegen schwerhörig blind
erzählen die spurenübersäten mauern
von kulanten liebesbeschwörungen
unter lemurenhaften flügelschlägen geschrieben

zwölf Jahre den irrlichternden wettern hörig
balancierte yeats auf knurrenden stufenbuckeln
glattgeleckter wendeltreppen
zum okkulten schafotpult
so schwebten anfang & ende
frierender reime weit über
die nahegelegene mühle
deren reste ungeborene wörter
für ewig im erdachten rad führen

derweil man ahnt eine normannenburg
im blendenden saft vollgetränkter weiden mit weißen pferden
oder unsicher stehend inmitten einer ausgetüftelten türfalle
heißes pech & steine auf nimmersatte gestalten niederprasselnd lassend

„mind your head!“
vernimmt man von angekratzten stimmbändern
die worte derzeitiger hüterinnen des museumturms

duft von instantkaffee & getostetem gebäck
runden die kanten der gastfreundlichkeit ab

noch ganz dem empfundenen rausch verfallen
meine eruptive kaffeeaquarellierte skizze
nach yeats „to a shade“
einstimmig & choralmanifest
als vitrinentauglich befunden

meinem größten wunsch
die letzte geschliffene tür
zur ausichtsplattform
möge etwas höher sein
wurde nicht entsprochen
eine beule sei nichts für die ewigkeit


Michael Blümel zu William Butler Yeats: "The Mermaid"



Michael Blümels Illustration zu William Butler Yeats: "The Withering Of The Bough"

Die Yeats-Gedichte
Der Anfang von "The Hour Before Dawn"

1. A one-legged, one-armed, one-eyed man,
A bundle of rags upon a crutch,
Stumbled on windy Cruachan
Cursing the wind. It was as much
As the one sturdy leg could do
To keep him upright while he cursed.
He had counted, where long years ago
Queen Maeve's nine Maines had been nursed,
A pair of lapwings, one old sheep
And not a house to the plain's edge,
When close to his right hand a heap
Of grey stones and a rocky ledge
Reminded him that he could make,
If he but shifted a few stones,
A shelter till the daylight broke.

und weiter
https://celt.ucc.ie/published/E910001-016/index.html



The Withering Of The Boughs

I cried when the moon was murmuring to the birds
On a Political Prisoner                 

She that but little patience knew,
From childhood on, had now so much
A grey gull lost its fear and flew
Down to her cell and there alit,
And there endured her fingers' touch
And from her fingers ate its bit.

Did she in touching that lone wing
Recall the years before her mind
Became a bitter, an abstract thing,
Her thought some popular enmity:
Blind and leader of the blind
Drinking the foul ditch where they lie?

When long ago I saw her ride
Under Ben Bulben to the meet,
The beauty of her country-side
With all youth's lonely wildness stirred,
She seemed to have grown clean and sweet
Like any rock-bred, sea-borne bird:

Sea-borne, or balanced in the air
When first it sprang out of the nest
Upon some lofty rock to stare
Upon the cloudy canopy,
While under its storm-beaten breast
Cried out the hollows of the sea.


The Mermaid

A mermaid found a swimming lad,
Picked him for her own,
Pressed her body to his body,
Laughed; and plunging down
Forgot in cruel happiness
That even lovers drown.
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