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Matthias Friedrich: opera parva

Montags=Text

Matthias Friedrich

opera parva


1.
 
hier dreht sich eine erde um die eigene achse, fixiert an einem und an keinem ort, rundherum bloß roher abend. mein gelände ist nicht unberührt, doch umschließt sich selbst wie eine faust den verloren geglaubten groschen. weiter vorne schon das wasserloch mit seiner schuppenlosen haut; es schwenkt seinen erloschenen körper, am ufer dornen und stacheln, vorboten einer gargantueske. der weg dorthin ist die gekrümmte bahn, die überschritten werden muss, immer zu einer anderen zeit als der auf der uhr angegebenen. doch hier füttert wohl niemand die muränen mit menschenfleisch, nur, um ihren wohlgeschmack zu steigern.
 
 
2.
 
wenn zu beginn der nacht drei schneeflocken auf die grünspangrüne oder kupferrote senne fallen, dann flimmert, im hintergrund die bösen klauenschwänze des gletschers, ein paar hasensprünge entfernt vom thing-hvarf der kleinwüchsigen tannen, etwa vier meter links vom blutbuchenstumpf, die sumpfdotterblume, und über irgendeinem krähwinkel kreist der taubenfalke, hält ausschau nach jenem frosch, der eine maus an sein hinterbein band, angeblich, um ihr über einen fluss zu helfen. doch unter dem schüttgelb der blumen fließt keine quelle, dort rollen und murmeln bloß kiesel, und die sublunarische luft gefriert zu einem matten spiegel.
 
 
3.
 
rußige schwämme treiben auf der oberfläche eines tümpels, der sich von innen verschlingt. er sinkt und singt allein im licht; seine feiertagsprozession begleitet meine zanzara mit einem schillernden flügelschlag. ihr enkomion schöpft sie aus einem kalten erdloch. noch jetzt west darin der tümpel. von meiner zanzara erhoffte ich mir eine regung, fähig, den rahmen meines incipits zu überwinden. stattdessen erstarrt sie mitten in ihrem tanz in einer berdalstilfigur, ihr gesang ist längst verstummt, ihr bleistiftdrahtiger leib sedimentierte erschöpfung, ihre facetten-augen so konturlos wie nadelstichempfindungen.

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