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Karl Marx: Empfindungen

Gedichte > Zeitzünder
Karl Marx
Empfindungen
(1836)

Nimmer kann ich ruhig treiben
Was die Seele stark erfaßt
Nimmer still behaglich bleiben,
Und ich stürme ohne Rast

And’re mögen nur sich freuen,
Wenn’s so recht zufrieden geht,
Mögen Glückwunsch sich erneuen,
Beten nur ihr Dankgebet.

Mich umwogt ein ewig Drängen,
Ew’ges Brausen, ew’ge Gluth,
Kann sich nicht in’s Leben zwängen,
Will nicht ziehn in glatter Fluth.

Himmel such’ ich zu erfassen,
Und die Welt in mich zu ziehn,
Und in Lieben und in Hassen
Möcht’ ich bebend weitersprühn.

Alles möcht’ ich mir erringen,
Jede schönste Göttergunst,
Und in Wissen wagend dringen,
Und erfassen Sang und Kunst;

Welten selber stark zerstören,
Weil ich keine schaffen kann,
Weil sie meinem Ruf nicht hören,
Stummgekreist im Zauberbann.

Ach! die todten, stummen gaffen
Uns’re Thaten höhnend an,
Wir zerfalln und unser Schaffen,
Und sie wandeln ihre Bahn.

Doch ich möcht’ ihr Loos nicht tauschen,
Von der Fluth dahingejagt,
Ewig fort im Nichts zu rauschen,
Pracht, die stets sich selbst beklagt.

Denn die Mauern und die Hallen,
Alles stürzt im raschen Lauf,
Kaum sind sie im Nichts zerfallen,
Und ein neues Reich steigt auf.

Und so schwankt es durch die Jahre,
Von dem Nichts bis zu dem All,
Von der Wiege bis zur Bahre,
Ew’ges Steigen, ew’ger Fall.

Und so treiben tief die Geister,
Bis sie selbst sich aufgezehrt,
Bis sie ihren Herrn und Meister
Selber schonungslos verheert.

Darum laßt den Kreis durcheilen,
Den ein Gott uns herrschend zog,
Laßt uns Lust und Leiden theilen,
Wie die Schicksalswage wog.

Darum laßt uns alles wagen,
Nimmer rasten, nimmer ruhn;
Nur nicht dumpf so gar nichts sagen
Und so gar nichts woll’n und thun

Nur nicht brütend hingegangen,
Aengstlich in dem niedern Joch
Denn das Sehnen und Verlangen
Und die That, sie blieb uns doch.

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