Jonas Gawinski: Grey Theory, Revisited
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Jonas Gawinski
Grey Theory, Revisited
Sieh zu, dass Du
immer dein Tagebuch dabei hast.
Versuch nie,
Poesie zu schreiben.
Dein Wille
zerstört ihre willenlose Schönheit.
Verlass die
Lesungen, wie einer, der immer wiederkäme.
Achte darauf,
nicht zu tief Luft zu holen.
Wenn Du liest,
berühre die Stille,
wie ein leichter
Schauer, bei 42 Grad,
die grauen Dächer
von Paris.
Lass es einfach
geschehen.
Das Publikum ist
sommermüde.
Und wenn Du
versuchst,
den Sommer
wiederzubeleben,
kann es geschehen,
dass Du ihm ein,
zwei Brustwirbel brichst.
Wenn Du etwas
geschrieben hast,
leg es in die
Ruhe,
ins Rotlicht.
Lass es trocknen
und Risse zeichnen.
Überarbeite Dich.
Bis zur
Erschöpfung.
Bis jedes Gefühl
ein leeres Aquarium ist,
jeder Gedanke eine
durchgebrannte LED,
die dem Wasser
einst eine Farbe verlieh.
Leg Dich nie ohne
dein Tagebuch ins Bett.
In der Nacht
werden Dich Deine Gedichte heimsuchen,
Chirurgen unter
freiem Himmel,
mit
Messern, in denen sich Wolken spiegeln.