Direkt zum Seiteninhalt

Jan Kuhlbrodt: Städte I - V

Gedichte > Zeitzünder
Jan Kuhlbrodt
Städte I - V


I

Als ich einmal in Venedig war, lag die Stadt noch
am Rand der Wüste, trieben trockene Blätter durch
die Rinnen, die Kanäle werden wollten. Auf Wasser
warteten Straßen im Sand, aber nicht die Kamele.


II

In Moskau war alles gefroren. Sogar das Eis war kalt
wie die Bananen, die Kirschen, die Tücher und Lappen.
Gefroren alles, was Wasser enthielt und unbeweglich
in der Kälte, die man mir nicht umsonst versprochen.


III

Durch Chemnitz ging Wind hindurch, als wäre die Stadt
eine Erfndung der Zwanzigerjahre. Als sei neben ihr
nichts als eine Steppe, in der sich gar nichts verfängt, als
läge der Ort im Zentrum einer sauber gebohnerten Welt.


IV

In Landau wartete ich vergeblich auf eine Stadt, die mir
einen Weg in die Stadt weisen würde, deren Häuser über
sich selbst hinaus wachsen würden, deren Vorgärten sich
in der Ferne wild verzweigten zu Wäldern und Bergen.


V

Frankfurt lag zwischen vierzehn Flüssen, als ich dort ankam.
Man musste die Wasser schon kennen, sonst hielten sie sich
verborgen in anderen Wassern, Tümpeln und toten Armen.
Nach und Nach tauchten auch die letzten Verfehlungen unter.


Zurück zum Seiteninhalt