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Hans Magnus Enzensberger: Der Kritiker

Diskurs/Kommentare > Diskurse > Lyrikkritik

Hans Magnus Enzensberger


Der Kritiker
(in: "Rezensenten-Dämmerung", NZZ, 1986)



Er ist von der gesellschaftlichen Bühne abgetreten, weil er nicht mehr gebraucht wird; weil die Literatur, von der er sprach, ihrerseits ihre übergreifende Bedeutung eingebüßt hat. Die Literatur ist frei, aber sie kann die Verfassung des Ganzen weder legitimieren noch in Frage stellen; sie darf alles, aber es kommt nicht mehr auf sie an. Unter diesen Umständen läuft die Militanz des klassischen Kritikers leer; seine langfristigen Strategien wirken anachronistisch; sein Einfluß verdunstet in der Indifferenz eines pluralistischen Marktes, dem der Unterschied zwischen Dante und Donald Duck Jacke wie Hose ist; seine Autorität wird nicht einmal angefochten, sie erweist sich schlicht als überflüssig.


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