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Georg Lukács: "Etwas Ruchloses im Ganzen"

Gedichte > Zeitzünder

Georg Lukács

Novalis (Auszug)

1907


Jena am Ende des achtzehnten Jahrhunderts. Eine Episode im Leben weniger Menschen, welche für die große Welt nur von episodischer Bedeutung waren. Überall dröhnt die Erde von Schlachten, vom Zusammenbruch ganzer Welten, aber in einer kleinen deutschen Stadt kommen ein paar junge Menschen zusammen, zu dem Zwecke, aus diesem Chaos eine neue, harmonische, alles umfassende Kultur zu schaffen. Sie stürmen darauf los mit jener unbegreiflichen, tollkühnen Naivität, die nur krankhaft bewußten Menschen gegeben ist und diesen auch nur in einer Sache ihres Lebens und auch hier wieder nur für wenige Augenblicke. Es war ein Tanz auf glühendem Vulkan; es war ein strahlend unwahrscheinlicher Traum; nach vielen Jahren mußte die Erinnerung daran in der Seele eines Zuschauers als etwas verwirrend Paradoxes leben. Denn bei allem Reichtum des von ihnen Erträumten und Ausgestreuten "lag dennoch etwas Ruchloses im Ganzen". Ein geistiger Babelturm sollte errichtet werden, Luft wäre sein ganzer Unterbau gewesen; er mußte einstürzen, aber in seinen Erbauern brach auch alles mit seinem Sturze zusammen.

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