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Fedor Pellmann & Ulf Großmann: Nach den Chiffren

Montags=Text

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Am 19. 11. 2024 fanden in München im Import Export die diesjährigen Kooperationen statt, bei denen sich je zwei Autor:innen für einen gemeinsamen Text zusammentun. Hier der von Ulf Großmann und Fedor Pellmann:
Fedor Pellmann & Ulf Großmann

Nach den Chiffren


Memo an mich: Du bist nicht verrückt. Sie rücken dich nur. Vergiss nicht die Hotline zu ziehen. Kläre das analog.

Es war schwierig, zu erklären,
warum die Abstände von Möbeln
in alten Palästen unheimlich wirkten.
Bei starken Gemütern führte das
zu Metallschuppen auf der Haut.

Woanders waren die Ausstattungen
eng gestellt, als Besucher taxierten wir
überhaupt erst die Überfallgefahr.
Bei schwachen Gemütern führte das zu Schimmelbildung
im Körper, der zeitweilig entstandenen Kreaturen.

Die Sehnsucht ähnelt Schaltkreisen,
sagtest du, oder Scheinwerfern,
die auf ein Wesen grenzenlos
strahlen. Es gibt
neben der Lichtgrenze dabei nichts.

Ich denke bei Wimpern gerne an Friedhöfe,
aber die eigentliche Unzuweisbarkeit
dieser Tage sind Kometen.

Das sind die Gäste am Tisch,
hier trinke ich ohne Unterlass.
Gedanken an ihre Hinterlassenschaft
reichen für ein Spiegelbild.

Ein Bild kommender Zeiten ...
wobei völlig unklar bleibt,
ob unsere Bewegungen die Dinge
zueinander bringen.

Als die Nachrichtenansager begannen,
von Geschichten zu sprechen,
nahmen wir die Waffen in die Hand.

Es gibt keine Zeitadverbien mehr,
die unsere Erwartungen beschreiben.
Jedes Mal, wenn wir durch Türen gehen,
wird der Gang vertikaler.

Warum haben wir untertage gelebt, Chroniken denken so,
Eiszeiten zu beschreiben, und es ist doch
dein Haar, Dolmen, gleich in tausend Jahren Abwesenheit.

Darin suchen wir Gegenstände, die weißen Kämme
der Wellen im Gegenlicht, die Zustände einmündender Bäche,
alles schemenhaft und
es fühlt sich gut an,
wir haben uns gehäutet,
nur als Frage, die nichts von Fußmärschen und dem Himmel, der auf uns niederfällt, wusste,
so haben wir Schatullen weggeworfen,

was Ringen und Ketten glich,
es gab den Gliedern, Halt und Verwesung.
Selbst Erinnerungen waren weit gestellt.

Memo an dich: Vergiss nicht das Sehen. Benutze Mimikry. Die Sicherheitslücken nehmen zu. Pass auf dich auf!

Langsam, wo ich immer weniger sehe,
bevölkern die letzten Ereignisse die Erinnerung.
Jeden Morgen habe ich eine Ahnung
von meiner Geschichte. Ich habe die Klänge
irgendwann abgegeben. Ich möchte bei diesem oder jenem Bild
in der Wohnung
bleiben. Alles, wie es die Tiere tun: Erweiterung, Spuren, Zusammenhänge, ...
all das, was ... nicht, wo das Licht ist ...
vielleicht ... die Ränder ...

Die Residenz, die Wochenschau.
Wir müssen früher damit anfangen.
Wir rauchen. Die Morgen haben Zeit.
Der Ausdruck auf ihren Gesichtern sieht wie Land aus, das wir
betreten.

Es gibt Anlass.

Äscher mich ein und verstreu mich.
Ich habe den Trost nach mir niemals erhalten ...
ich habe ein Leben gewonnen, das ich vollende,
ein Heim. Ein Kind mit Decke,
das zu viele Fragen stellt
etwas lag
immer vor dem Haus,

in den Auslagen. Morgen
möchte ich dafür etwas tun,
sieh es an, alles Gute erscheint nachträglich,
denn ich spreche ein kurzes Gebet.
Ich wollte die Möbel verrücken und spüren ...
Ich stelle den Tisch und die Lampe um.
Siehst du mich wieder? Wo bist du?
Ich gehe nirgendwo hin. Alles war darum herum.
Ich habe nur diesen Raum: Schmutz und Kleider.
Kinderhände und Versprechungen
sind tatsächlich nichts Besonderes. Nur Geschichte.
Wir saufen alle ab 60, wenn es vergebens ist.

Auf den Gehsteigen bleiben wir an Fenstern im Erdgeschoss, am Abend am Tisch stehen. Es gibt Anlass. Ich erinnere mich an dein Gesicht.

Die Bilder in all meinen Organen,
was wir für den Moment aushielten,
nicht lange, nur für den kleinen Rest da draußen, das bleibt,
bewegungslos im Traum um acht.

Abwesende Ausgänge und der Hauch
an Fensterscheiben, beim Nachblicken,
es bleibt.

Wir sind weiter als die Chiffren gekommen.


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