Christel Steigenberger: Du und ich
Gedichte > Zeitzünder
Christel Steigenberger
Du und ich sind
sowieso nur ein ungenügend dokumentiertes soziales Experiment. Also wenn ihr meine zehn Cent dazu hören wollt, meinen privaten, subversiven, partizipativ
heiligen Gral. Dann wahrlich, sage ich euch: Jesus hat daraus getrunken.
Mohammed hatte seine helle Freude daran.
Du und ich, wir beten sonntags im Internet für
eine schnellere Verbindung. Immer auf der Suche nach einer gläsernen Schnur.
Freitags beten wir für die Freiheit der Daten. Die Sicherheit der Bienen.
Katzen und Ziegen und Nudeln für alle. My Lord Jagannath liebt in Zuckersirup
getränkte Bällchen, Rasgollah genannt. Süßes Nichtstun am hölzernen Stab.
Ich alleine hefte meine Gedanken zu
quantifizierbaren Stapeln. Bits and Bytes for a better, ja, bitte, was?
Also Luftpolsterfolie auslegen in der Filterblase,
eine Anti-Initiative gründen gegen die Zeit und das Geld.
Es sind immer die anderen, die Hunger leiden,
entlang den Grenzen interniert zu roten Punkten in der Database. Die dunklen
Flecken in der Statistik sind hochrelevant. Kein sauberes Wasser. Ohne
Schulbildung. Hier nicht berechtigt, schmutzig, ohne Genehmigung keine
usability, das ist das entscheidende Kriterium, gesunde Zähne und kräftiges
Fleisch. 200 Euro pro Mann in Libyen. Und keine Lösung in Sicht. Nicht für die
steigenden Fluten, nicht für die Plastikverschmutzung, die dunklen Gestalten,
die Masern und mehr.
Siehe auch: Das Elend umsonst gespendeter
Kuscheltiere an abgelegenen Stränden im Krisengebiet.
Wir haben getan, was wir konnten. Was bleibt, ist die Angst.
(Christel Steigenberger, 2019)