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Alexandra Bernhardt: Drei Gedichte

Gedichte > Lyrik heute


Alexandra Bernhardt

Drei Gedichte


Nacht : numerologisch

Siebenundzwanzig vergebliche Güsse
Die Nächte ein Reigen vergessener Kür
Der Regen der Regen fällt lautlos herab
Er rauscht durch die Schächte der Nacht
Im Dunkel zwei Augen wie Honig ein Seim
Zwei Eulen mit drehbarem Nacken
Ich lese in alten Journalen von dir
Von deinem heutigen Leben

Es ist als hätt’ ich’s gewußt



Noctilucae

Kranichblaue Laken henken
sich selbst auf den Leinen lau
Ein Schafott ist der Sommer
er liest die Leviten den Tieren
die stieben aus Waben :
honigsaure Poren
mählich abgehangener Tage
Du siehst sie des Abends noch lange
schimmern im Dunkeln grün ihre Spur



Sommer : lediglich

Nur weil es Sommer geworden ist
in uns und in unseren Städten
wie es Sommer geworden ist
in unserer Kindheit
im See und im Schilf
und auf dem Papier
Sommer : lediglich
leichte labende Luft
eine Ahnung von Süden
und unsere Köpfe schwer
vom Liqueur der Weißen Nächte

für M. S.



Aus Alexandra Bernhardt: Weiße Salamander. Gedichte. Dortmund (edition offenes feld) 2020. 88 Seiten. 15,80 Euro.
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