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Susanne Darabas: City People (Triptychon)

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Susanne Darabas
City People
(Triptychon)

Ziegenkopf

Ja, ich bin es, der ziegenköpfige Teufel, der den rasenden Topfklöppler aufführt, der die konsumgeilen, kaufgeilen Warenpornografen betrillert, ich bin der sägende Satan, der wiedergekehrte Bordsteinmessias, ich pulsiere euch ins klangliche Jenseits, ihr reitet auf meinen repetitiven Soundfetzen! Machtvoll erschallen die Klänge meiner verdrehten Schalmeien, machtvoll die brunftigen Pulse meiner Töpfe und Bleche, meiner wuchtigen Highheads!
    Ihr kommt und lauscht und lächelt unsicher, ihr wollt vorbeigehen und bleibt stehen, wie hypnotisiert von den redundanten Klängen meines Vorhöllenkreisels! Kommt, kommt und hört die Stimme des Anderen, hört meine Kakofonie des Blechs! Sie soll euch zum Grundton des Mechanistischen werden, in eurem Kopf regieren, zum kehligen Tin-Tinitus werden, und euch nachts noch wie klimperndes Chirurgenbesteck im Gehörgang umgehen!
    Seitdem ich hier sitze, vor der Hauptbahnhofpassage, und euch beschalle, die ihr zum Einsteigen in eine der vielen Tramlinien die vielbefahrenen, maschinengerechten Straßen passiert, seitdem ich beschloss, mich unter euch zu gesellen, in eure unsicheren, euch wie abstoßende Magnetpartikel verstreuenden Mitten zu begeben, seitdem hat mein kalter Januarreigen so manche aus ihrer Orientierung gerissen; hingerissen lauschend bleiben sie stehen, ihre Blicke entrückt in die Paralyse des Rattenfängers.
    Ich klopfe die unheiligen Bleche stärker, wenn mehr von euch kommen, aber ich klopfe die Bleche beständig, von in der Früh bis spät am Abend! Sodass ich euch alle erreiche, die ihr hier vorbeigeweht werdet! Nur wenige sind abgestoßen und merken schnell, dass nichts Sinfonisches, Harmonisches stattfindet, vielleicht sogar, dass meine getakteten Dissonanzen Würmer im Gehörgang platzieren, die sich in euer Gleichgewicht fressen, und die euer Erleben ab da leicht anders ausrichten – was euch so schnell nicht auffällt, aber lange, lange nachhallt. Es wird euch auf eine anfangs noch ganz leicht schiefere Bahn ziehen, euch aber bald stärkeres Gegenlenken abverlangen. Einmal, wenn der Wurm meiner klanglichen Zehrung platziert ist, werdet ihr es schwerer haben, euch für den richtigen Weg zu entscheiden, die selbstlosere Tat, ihr werdet auf die Stimme des Wurms hören, die nun gegen den Griff in den Geldbeutel sich ausspricht, die ein kleines Gefühl der Aversion gegen den Bettler platziert, die euch an eigenes Elend erinnert, angesichts vom Elend anderer, die euch souffliert, ihr habt doch wirklich genug getan, die vielen Male, als ihr in die Tasche grifft, um Verzeihung batet, anrieft.
    Mit meinem Ziegenkopf, der wippt, wie Gummimasken im Rhythmus der Trommeln wippen können, mit meinem Ziegenkopf, der meinen Ziegenkopf verbirgt, mache ich deinen Kopf zum Ziegenkopf, du weißt nicht mehr, wo dir dein eigener steht, du hast gar keinen eigenen mehr, früher warst du verkopft vielleicht, vielleicht großkopfad oder dickköpfig, vielleicht der verdiente Kopf eines Teams, einer Firma, vielleicht bleibst du das auch, nur werden dich deine Angestellten, deine Fairness, deine égalité mit den anderen immer weniger interessieren, denn der Wurm wispert „Überlegenheit“, „Herrschaftlichkeit“ wispert der Wurm, und du hörst ihn lauter, häufiger mit der Zeit, und deine Familie, deine Kinder fangen an, dir zur Last zu fallen, du willst ein freies Leben führen, endlich, willst in Immobilien spekulieren, willst den Reibach machen, den du dir immer verkniffen hast, warum eigentlich?!, dir endlich was gönnen! Den Flirt mit dem Nachbarn, die neue Sekretärin, den freche Zeitungsjungen, der die Mediamarktwerbung austrägt... Klackedi, Klack, Klack, Klackedi, Klack, hör auf die Stimme, sie lehrt dich den Takt...!
    Es ist aber auch etwas kräftezehrend, alleine der Körper, den ich aufrechterhalten muss, trotzdem mir ja das mit dem Ziegenkopf eingefallen ist, der den Ziegenkopf verhüllt, sodass ich den Ziegenkopf nicht auch noch gegen einen Menschenkopf eintauschen musste, denn die Augen, die hätte ich ja doch verstecken müssen, oder ich hätte sie ständig schließen müssen, was ja auch verdächtig gewirkt hätte; doch so, mit der Ziegenmaske kann ich während des Headbangens noch durch die Gucklöcher umherschauen und durch das Fixieren des einen oder der anderen meine Klänge verstärken und die vielen Würmer, die sprechen wie ein Wurm, schneller in den jeweiligen Schneckengang einziehen lassen, umsiedeln, von meinem pyramidenhohen Berg an Würmern in die Muschel meines Gegenübers.
    Doch manchmal klappt es nicht, das sind dann die Seltenen, die meinem Gegenspieler gehören, der natürlich auch immer wieder in verschiedenen Gestalten vorbeigeht oder -kriecht oder -fliegt und durch die Löcher meiner Ziegenmaske hindurch mein wahres Ich erkennend fragend raunt, ob mein Tun mir nicht selbst zuweilen allzu berechenbar erscheint, ob mein Menschenberücken mich nicht wenigstens hin- und wieder langweilt, ob mich die eigene Trivialität nicht manchmal in Richtung Bekehrung schubst.
    Ich verneine immer. Wir werden ja sehen, wer im ewigen, kosmischen Wettbewerb der Missionare gewinnt! Um seinen prüfenden Blicken weniger ausgesetzt zu sein, besorge ich mir vor meinen trommelnden Schichten bei den arabischen Dealern schwarzen Afghanen und Crystal Meth, das hilft auch bei der Redundanz meiner physikalischen Performance, die ich so stundenlang durchhalten kann, stundenlang und im gleichen Tempo und mit dem gleichen Eifer, nur einige Male muss ich dann das Innere der Maske abwischen gehen, denn sie ist voller Spucke und Tränen und Blut. Und dann habe ich manchmal – wahrscheinlich, weil mein Gegenspieler auch nicht gerade machtlos ist – den Eindruck, mein Gesicht sei gar nicht mehr das einer Ziege, aber vielleicht hab ich auch nur zu viel gekifft.


Mündchen

Ein bisschen das hübsche Mündchen verziehn, da schaut er schon ganz besänftigt. Da hätt ich dann doch gerne den mit Roségold und Brilliant, au ja, da werd ich ganz aufgeregt, oh mein Schatz, mein Schatz, da wird mir venusisch ganz warm... Ein wohlgesetztes Küsschen, wir wollen ja nicht zu viel Aufhebens machen, dann hätten wir das erledigt! Ja, mein Lieber, du bist deinem größten Traum ein gutes Stück näher gerückt, dafür werd ich mich natürlich ordentlich revanchieren, dass du's dir auch fein merkst ...
    Jetzt ein kleines Kaffeechen, war ja doch etwas anstrengend, das Ganze in meine gewünschte Richtung zu schubsen, und kurz ist mir aufgefallen, wie er sich im Showroom versteifte, als ich mehrmals offenließ, ob mir die schwächeren Angebote gefielen... Aber mein Süßer kennt mich ja auch inzwischen ein bisschen und weiß, dass ich meine Preis habe... Und wie er dann nach einigen Sekunden seine Souveränität wiederfand und dem Lakaien winkte, und der seine stärkeren Geschütze auffahren konnte und mir noch – natürlich habe ich das gesehen – zugetane, leicht erregte Blicke zuwarf. Der Juwelier ist der dankbarste Freund der Frauen!
    Jetzt also ein kleines Kaffeechen, dazu ein feines Pralinchen, meins wird meinem Süßen später sicher munden, dafür werde ich mich noch mehr versüßen, mein feinstes Dessouchen mit Slip ouvert hab ich schon an, für besondere Momente wie diesen, zum Rasen werde ich ihn bringen, zum Schwelgen, oh, da wird mir wieder ganz warm... Er hat nicht gekleckert, ich werd's auch nicht, so, nun wieder ein verheißungsvolles Küsschen mit einem spitzen Züngchen dazwischen, das geht so perfekt von den Lippen, und er frisst mir so brav aus der Hand ...
    Hopphopp ins Auto, heute können wir ein bisschen das Verdeck hochfahren, alle sollen an unserem Glück teilhaben, wir heiraten, wir heiraten! Seht her, mein Schatz, meine zwei Schätze, oh das wird ein Fest, rauschend, rauschend, mein Süßer wird mich auf seinen gepflegten Händen tragen, das hab ich mir so hart verdient. Nur noch ein Abstecherchen zu Gucci, meine Brille hat einen unschönen Kratzer, das ungezogene Ding, aus der Handtasche ist es mir – ganz Versehen – gefallen, brauch schnell was Neues, zum Schützen der Äuglein darf einem nichts zu teuer sein!
    Serge ist heute da, ein Glück, dem werd ich mein Ringlein hübsch unters gepuderte Näslein halten, s'wissen ja eh schon alle, der Kurt und die Lisa ja auch, ach meine Freunde, das wird herrlich, ich werde in eurer Bewunderung schwelgen, eure Anbetung ist nicht umsonst, bei euch lasse ich jetzt MEIN Geld, uh, da berieselts mich wieder leicht, da möchte ich meinem Süßen nun wirklich danken, unter Einsatz des ganzen Körpers, der in ihm so viele folgsame Gefühle auslöst, darum schnell hinüberbeugen und kleine Belohnungen austeilen! Mein Süßer ist ja so empfänglich für meine Streicheleinheiten – andererseits Schluss jetzt, denn wir stehen längst vor Gucci!
    "S'ist gut, später, später", flüster ich heiß und bin schon entschlüpft, nun beeile ich mich aber doch etwas, nur ein, zwei divane Handgriffe, dann hab ich schon was ausgespäht, so schnell kann's gehn, wenn man weiß, was man will! Da, das Kärtchen vom Chef, Serge und Lisa machen die üblichen Kratzfüße und freuen sich so für mich, dass ich großzügig aufrunde. Ach, der Segen dieses goldenen Streifens! So viele kann er so glücklich machen, ich walle mit meinem neuen Nasenstativ aus den aufgehaltenen Schwingtüren, dort sitzt mein süßer Verlobter und telefoniert, ich fliege ins Auto, lasse ätherische Duftwolken hinter mir, die den Gehsteig veredeln, Passanten schreiten hindurch, vielleicht hab' ich auch ihren Tag so versüßt, ich will mir das Küsschen abholen, weil ich so brav kurzen Prozess machte, mein Süßer ist aber ernst und hält mich mit links auf Distanz.
    Das mag ich nun gar nicht, wie Steine zieht mich das runter, nicht die schönen, die glitzern, die ich gerade zur Krönung von meinem Arbeitstier geschenkt bekam, nein, wie schwere Wackersteine, die den Wolf im Brunnen halten und die Zicklein ersetzen – plötzlich sieht er sich damit konfrontiert, dass er ertrinken muss, der Wolf! Aber zum Glück legt mein Süßer jetzt auf und ich kann mich an seine Schulter schmiegen, wir sind wieder ein Herz und eine Seele, wir zwei, die Welt liegt uns zu Füßen! Ach herrlich, und nun zu D'Angelo! Der Gute ist ja so ein caro, wie er mich immer umwedelt, ich weiß, der kann ja gar nicht aus seiner olivfarbenen Haut, wenn ich ums Eckchen komm... "Mein blonder Fallstrick", sagt er immer und lacht sein befreites Lachen, und mein Süßer wird immer ein bisschen angespannt, wenn wir dort unsere Espressi schlürfen und Angelo selbst da ist! Aber das ist ja natürlich alles ein einstudiertes Spiel, Tradition, Sitte, wie Angelo mich umwirbt, und mein Süßer weiß, dass mir das gefällt, weil ich eine bin, die umworben gehört, unentwegt, das Piédestal, das ist der mir gebührende Platz, dort leuchte ich bis in die dunkelsten Ecken und mach alle, die hochschauen, froh... Nur manchmal, wenn mein Süßer wieder viel unterwegs ist, in der Welt, dann träume ich doch mal davon, wie Angelo mich auf Händen trägt, der mediterrane Engel, der reihenweise die Frauen berückt, der kann bestimmt exquisit kochen und zum Kochen bringen – wie ein herrlicher Magier! Ach Angelo, wie glücklich ich bin, wie glücklich wir sind, mein Süßer und ich, und schau, der herrliche Ring und wie der glitzert und wie gut der passt und ja, ich will einen kleinen Champagner, natürlich, das muss man feiern, da hast du recht, du weißt eben, was eine Frau braucht, da blickt mein Süßer kurz finster, aber hier braucht er nichts zu befürchten und er kriegt gleich sein Küsschen und ich streife mit der seidigen Brust seinen Arm, hänge mich daran und wir sind wie die engsten Menschen, wir zwei, zu allen Schandtaten bereit! Natürlich wird mein Süßer lernen, mich zu teilen, natürlich muss man so ein Langzeitprojekt wie die Ehe wach- und warmhalten, natürlich gibt es da entsprechende Reigen, natürlich sind andere Menschen, andere Körper verführerisch, vor allem, wenn sie aus unseren exklusiven Kreisen kommen! Die Zukunft ist wie diese Körper, ein endloses, vielgestaltiges Glück!


Amt

Das Pack, dies Pack, ich werds euch schon no lernen, faules Pack, no nie im Leben an echten Handgriff getan, schaut sich ma einer die feinen Händchen an, fein und gepflegt, und die Nagelhaut zurückgeschoben, damits net so auf die Nägel wächst und wuchert, wahrscheinlich Maniküre und sicher auch untenrum gepflegt, das Ding – und schau einer erst die Haare an, weich und glänzend, blond natürlich, aber falsch, nicht so strohig und straßenköterspeib wie meins, so hart –
    Und schau nur die feine Haut ums hochgewachsene Näschen, und wie matt die ist, kein bisschen glänztse, und keine Pore sieht man, na wart nur, meine Hübsche – wenn du zu Hause die feine Kosmetik stehn hast, die dich immer wieder aufpäppelt, dann kannste auch ma arbeiten gehn. Du siehst ja wohl, wie wenig irgendwer deine "Geisterwissenschaft" braucht, hättste halt ma besser überlegt, was wirkliche Arbeit ist, wärste dir halt ma net zu fein gewesen, für einen Beruf, bei dem ma anpackt! Dass ihr Feinen meints, ihr hättet immer das richtige Gespür, dass ihr denkt, ihr hättet den Geist, dens braucht, ums Leben zu meistern – und dann sitzt ihr alle irgendwann hier aufm Bittstuhl und wir müssen euch durchfüttern, oder ihr habt sogar die Kohle daheim und wollt sie vor uns verstecken – na das werden wir schon no früh genug erfahren... Ja, ja, hättste mal überlegt, was die Gesellschaft braucht – keine Übergelernten, keine Wichtigmacher, die glauben, die Welt tät nur auf sie warten! Ich hab sicher net auf dich gewartet, du behütetes Küken, verwöhnte Prinzessin, schau, wie sie mit die nude lackierte Nägel durchs Haar fährt, – meinst mich kannste genauso uman Finger wickeln, wie deine Eltern und deine Kollegen an der Uni und die Professoren und alle? Da bist du aber schief gewickelt, Mädel, willkommen im echten Leben, da haben wir schon noch ein paar net ganz so glanzvolle Überraschungen für dich, Fräulein, jetzt heißts erstma runter vom hohen Ross, das wirst ja können, bestimmt kannste das, bestimmt hast gelernt vom Pferd abzusteigen, wenn ich mir so deine Stiefelchen anschau, reiten haste wahrscheinlich vom Papi gelernt, hat der Papi ein paar Pferdchen irgendwo aufm Land, und jetzt biste hier und willst ein Geld?
    Na mal schaun, an Master hatse, die Gute, studiert hatse, ist fertig jetzt und fint kei Anstellung, nix, tut traurig, sagt die Eltern solln nix mehr zahlen, wie oft hatten wir solche hauptberuflichen Söhne und Töchter schon hier, dies darauf ankommen lassen, auf uns angewiesen zu sein? Ein Elternwechsel ist das, nix weiter, ein Abhängnis wird gegen ein andres getauscht! Aber mit mir net, junge Dame, die Händchen, das Haar, die langen Wimpern – wir werden schon sehn! Dann wirste halt Lehrerin – wie, dazu brauchts an anderen Abschluss? Komm, komm, verkauf mich doch net für blöd, unterrichten kannse doch, was? Was auch sonst? Mit soner hohen Bildung? Was sonst? Haste denn schonmal unterrichtet, Mädel? Das schon, druckstse, na bitte, sag ich, sonnenklar der Fall, unterrichtet hatse, also kannses auch wieder tun, kann sich hinstellen und den Kindern was von ihrer hohen Bildung abgeben – aber sie hat doch gar kein Staatsexamen, versucht sie's wieder, ich weiß net, wirklich, ob se so schlau ist, wie se tut, scheint mir net so, na wart nur, dir werdn wer schon was vermitteln! Und wenns nix gibt, wirste halt EinEuroJobber, da muss ich dann grinsen, und die Kleine kuckt ganz verletzt ...
    Ach du Hascherl, du, fast hab ich ein Mitleid, da ist sie doch so unberührt noch vom Leben, so keusch, hat das Leben sie noch net rangenommen, wie es könnte – und sollte –, hat es die Kleine noch net hart und heftig bedient, wie es das so gern mit unsereins tut?!
    Hm, aha, sie wohnt also nicht mehr bei Mama und Papa, hat ja doch zumindest den ersten Sprung in die Eigenständigkeit geschafft, oder aber "eigenständig" ist wohl ein bisschen zu viel gesagt, denn Mama und Papa ham Miete zugeschossen, ich wette "zugeschossen" ist ein bisschen beschönend, wahrscheinlich hat das Küken für lau gewohnt – ach in einer Wohngenossenschaft? Mit anderen Studenten? Einem anderen Studenten, um genau zu sein? So, intressant, ein Männlein fein, ein weiterer hauptberuflicher Sohn – ach, der ist inzwischen fertig studiert und arbeitet? Und wenns net das Leben ist, dann isses der arbeitende Mitbewohner, der die Kleine rannimmt, was? Nein, ihr seid gar kein Paar? Nicht, das mich das was anginge? Sag mal – wird die Kleine da frech? Das werden wir schon rauskriegen, meine Kleine, denn: Vor dem Gesetz muss geklärt werden, was ihr zwei hübschen Turteltäubchen zusammen treibt – vor dem Gesetz sind solche Informationen essenziell, denn wir lassen uns doch nicht von Täubchen wie euch auf der Nase herumtanzen, die herkommen und uns erzählen wollen, wie's läuft und Ansprüche haben! Das muss wirklich geklärt werden – da mach ich mal einen Vermerk in der Akte, dass wir eine potenzielle Bedarfsgemeinschaft vorliegen haben, das muss geklärt werden, da schick ich dann die Kollegen hin, die solln ma ein bisschen nachschauen gehen, dann wissen wir gleich mehr, ob die Kleine hier uns was verheimlichen will ... Nun zurück zum Unterrichten – wennse das net will, dann werden wir schon was andres fürse finden! Ich hatte ein paar Anfragen vom Einzelhandel letzte Woche – die Kleine hat ja angegeben, dass sie kaufmännische Erfahrung aus einem Praktikum hat – da können wir sie doch gut einsetzen, was? Dich bringen wir schon in trockene Tücher, mein Liebes, dich führen wir schon einer sinnvollen Tätigkeit zu – Bewerbungen hatse schon ma geschrieben? Natürlich, fährt sie auf, ja, ja, das können die schlecht verputzen, die Hochwohlgeborenen, dass die Gesellschaft net nach ihnen schreit, net auf sie angewiesen ist – nun gut, dann soll die neue Kundin aber trotzdem mal zu unserem Zeitarbeitsmarktplatz kommen, sicher findet sich da was – zum Mindesten kannse aber no was lernen, die Naivin... Kreuz hier, Kreuz da – die Vorladung bekommt sie dann nächste Woche – Nun gut, dann aber jetzt die Kulleraugen wieder getrocknet, wir werden schon sehen, meine Liebe, das Amt hilft dir schon weiter, das Amt kümmert sich um seine Kunden!


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