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Roland Erb: Körper der Stadt

Gedichte > Zeitzünder



KÖRPER DER STADT



Stadt, fremde Freundin, ich irre hier im Gewühl umher
stumm, mit zerbissener Lippe, versengter Haut.
Ich will dich wieder treffen einmal, irgendwo dort  im Grauen,
will dich fortschlendern sehn mit abweisender Hüfte,
fragend geschütteltem Kopf, und möchte schmerzhaft umspannen
die dünnen Gelenke, die frostigen Schultern umschlingen.
Ich schiele nach den versklavten Brüsten unter dem Shirt und denke
an diesen Körper, den kühlen, den Flüchtling,
den Widerstand und die jäh aufblühende Freude.
Ich will mit dir einmal noch gehn, gegen den feigen Wind, gegen
das aufgezwungene Bild, die Schleimspur der Lichterpassagen.
Ich will mit dir trinken gehn ohne Kompliment, Krawatte und Kragen
und will uns den Formularkram vergessen lassen für immer.
Ich will durch die stürmische Nacht mit dir ziehen am Stadtrand,
im Dunkeln suchen ein Bett aus Ahornblättern und Erde.
Das Aderngeflecht, es glänzt rätselhaft unter Sternen. Komm,
Kälte trinken!


Roland Erb: unveröffentlicht, 2016.

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