Robert Duncan: Den Bogen spannen
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Foto: Allen Ginsberg
Robert Duncan
Den Bogen spannen
übersetzt von Michael Speier
Haben zu tun, die Pflicht des Tages zu erfüllen
gefällig in Träumen den Bogen zu spannen
bis der Schluß sich reimt mit der gespannten Sehne
beim Losschnellen. Träumereien sind Flüsse und fließen dort
wo das kalte Licht gleißt und das Fenster auf die Oberfläche
des Tisches hier
spiegelt,
das Sahnekännchen aus Preßglas, die Zuckerdose aus Zinn, die
herum-
stehenden
Kaffeetassen, Unterteller,
auf deren Oberflächen gemalte Nelken wachsen. Diese ganze
Oberflächen-Komposition führt in eine andere
Schwingung und stört
was ich erfassen wollte. War gerade
bei einem Brief – bins noch –
bei einem Brief an eine Freundin,
die mir in Gedanken nah kommt, so nah, daß ihr
der Tag gehört. Meine Hand, sicher hier schreibend,
schwankt dort in Strömungen von … Luft?
innerer Ahnung von …? greift nach geisterhafter
Heiterkeit im Denken an sie.
An
den äußersten Rändern dieses
Entwurfs
„es gibt einen Zusammenhang, der in beide Richtungen wirkt,
wie
bei
Bogen und Leier“ –
nur in rascher Wunscherfüllung
kann
dieser Schlaf
mein
Können sichtbar machen
reißt die Saite an.
Du stehst hinter dem Wo-ich-bin.
Die tiefen Töne und Schatten will ich nennen eine Frau.
Die schnellen hohen Klänge … Du bist dort auch ein Mädchen,
hast etwas von Schwester
oder Frau,
ganz
ohne Trost:
und ich würde
wieder für dich Orpheus spielen
riefe
Bogen und Lied
dem
erzitternden Tageslicht zurück
denen
es entsprang.
In: Park #31/32. 12.Jahrgang, 1988.
Herausgegeben von Michael Speier.