Markus Hallinger: Ortszeit (2)
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Markus Hallinger
Ortszeit (2)
Die
Straße, die zu uns ins Dorf führt, ist keine Durchgangsstraße. Sie endet drei
Häuser weiter an einem Feldweg, an einem Hof, und weiter kommt man nur mit dem
Bulldog; dann geht es ins Holz und zu einem Fischteich mit Forellen, der diesen
Sommer leergeräumt werden musste: zu viel Trockenheit, zu wenig Wasser, das der
Zulauf führte. Ein Graben ist jetzt vor der Staumauer, mit einem Rinnsal darin,
das sich im Kies entlangfrisst und hinausläuft durch einen Schuber, der über
eine Zahnstange und ein Rad von der Staumauer aus zu regeln ist, – so tief ist
es und steil die Böschung, und die Gefahr, beim Hinunterklettern den Kies ins
Rutschen zu bringen, ist groß. So etwas hat er noch nie erlebt, sagt der
Nachbar, und erzählt mir von den Sekundenlitern, die er weiter oben in dem
gefassten Vorlauf misst. Er befürchtet den nächsten Sturmregen, und dass der
Untergrund am Rand weiter ausgeschwemmt würde und die Bäume, die dort entlang
stehen und deren Wurzeln bereits sichtbar sind, den Halt verlieren und den
Graben begraben könnten. Er lacht dabei. Nein, er würde nichts mehr tun. 1961
steht an der Zahnstange eingeschlagen, und er erinnert sich noch, dass er als
Bub seinem Vater bei der Errichtung der Staumauer geholfen hat. Egal. Die
Landwirtschaft habe er schon aufgeben müssen, jetzt eben die Fischzucht, es
bleibe noch das Holz. Das sagt er stoisch, und wir sitzen jetzt vor seinem Haus
auf der Bank. Gegenüber sind die offenen Schuppen für die Maschinen, die er
noch besitzt, Mähwerk, Heuwender, Walzen eingelagert, wirken konserviert wie
Skelette. Nur dem Bulldog mit dem Spalter sieht man an, dass er noch gebraucht
wird. Daneben die Garage, die er als Werkstatt nutzt, Schweißgerät,
Bohrvorrichtung, Bandsäge, Schraubstock; das alles zur Metallverarbeitung. Er
baue ein Windrad, sagt er, das werde er sich aufs Dach stellen und sich am
Arsch lecken lassen. Ich laufe zurück nach Hause quer über die Wiesen.
Siloballen liegen herum. Die Wiesen sind verpachtet an Großbetriebe, die
schnelles Gras brauchen. Seit Wochen hat es nicht geregnet, es ist erst der
zweite Schnitt, obwohl wir schon August haben.