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Luis Felipe Fabre: Zwei Gedichte

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Foto: Brenda Lozano

Luis Felipe Fabre:
Zwei Gedichte

Aus dem mexikanischen Spanisch von Rike Bolte


Investigación de mercado

Una moneda, por el amor de Dios, una moneda,
que el dinero es el tema del mendigo y el mendigo
es el tema de esta investigación: ¿si el mendigo tuviese dinero
hablaría de asuntos menos mundanos? Pero he aquí
un tintinear de monedas en el interior de una lata
de sardinas sin sardinas. ¿Y las sardinas?
Baratas y nutritivas: ricas en hierro, vitamina A y fósforo.
Un paladar exquisito diría que la sardina tiene un ligero dejo a:
a) Metal sobado. b) Dinero rancio. c) Desayuno de mendigos.
¿Un mendigo es básicamente una alcancía?

Marktforschung

Ein wenig Kleingeld, und Gott hab’ dich selig, ein wenig Kleingeld,
ist doch das Geld Antrieb des Bettlers und der Bettler
Gegenstand dieser Untersuchung: Hätte der Bettler Geld,
spräche er von weniger weltlichen Themen? Hier
das Scheppern im Innern einer Büchse
Sardinen ohne Sardinen. Und die Sardinen?
Billig und nahrhaft: reich an Eisen, Vitamin A und Phosphor.
Ein feiner Gaumen fände heraus, dass die Sardine entfernt erinnert an:
a) Abgegriffenes Metall; b) Ranziges Geld; c) Bettlerfrühstück.
Ist der Bettler in erster Linie eine Spardose?


In Luis Felipe Fabre: Neus mexikanisches Kino. Aus dem mexikanischen Spanisch von Rike Bolte. Frontispiz: Petrus Akkordeon. hochroth Berlin 2016. 32 Seiten, 8 Euro.


Elegía

Ah, todo fuera como una cucharilla de plata que se ha perdido
en el astuto escote de alguna criada: pequeñísimo robo
que no le mengua a la dueña las finanzas ni enriquece a la ladrona.
Y el metálico botín contagiándose de la temperatura de lo vivo,
allí donde otras entibian crucifijos o medallas.
Elegie

Ach, wäre alles wie ein Silberlöffelchen, das sich im schlauen Ausschnitt
irgendeines Dienstmädchens verlor: Belangloser Raub,
der weder Hab und Gut der Besitzerin weiter tangiert noch die Diebin bereichert.
Und wie sich das metallene Raubstück an der Hitze des Lebendigen entzündet,
dort, wo bei anderen Kruzifixe und Amulette lau werden.

In Luis Felipe Fabre: Neus mexikanisches Kino. Aus dem mexikanischen Spanisch von Rike Bolte. Frontispiz: Petrus Akkordeon. hochroth Berlin 2016. 32 Seiten, 8 Euro.


Luis Felipe Fabre wurde 1974 in Mexiko-Stadt geboren. Neben seiner Tätigkeit als Autor lehrt er an der Universidad Iberoamericana und arbeitet als Zeitschriftenredakteur. Bisher veröffentlichte er die Essaysammlung “Leyendo agujeros” (2005) sowie die Gedichtbände “Cabaret Provenza” (2007), “La sodomía en la Nueva España” (2010) und “Poemas de terror y de misterio” (2013). Seine Gedichte sind in mehrere Sprachen übersetzt. 2016 erschien bei hochroth Berlin in Übersetzung von Rike Bolte „Neues mexikanisches Kino“, eine deutschsprachige Auswahl seiner Gedichte:
2008 war er Gast des mobilen lateinamerikanischen Poesiefestivals Latinale und 2016 des Poesiefestivals Berlin.
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