Irena Habalik: Im Wandel der Zeit, acht Gedichte
Montags=Text
Irena Habalik
Im Wandel der Zeit
1
Die Trauerweide wirft
weg die Trauerkleider
Die Kuh nimmt eine
Braut vor der Kirche auf die Hörner
2
Die Sonne erreicht den
Höhepunkt und stöhnt
Auf den Felsen sitzen
Frauen und bräunen ihre Power
Der Männerschwarm
schwimmt schnell an ihnen vorbei
3
Die Reichen fahren
Bentley und weinen
Die Armen schweigen
weil Schweigen Gold ist
Die Ärmsten werden im
Himmel die ersten
4
Die Dichter werden am
Rücken getragen von den Göttern
Die Verszeilen
schreiben sich von alleine
Das Leben ein
Aphorismus
Kurz, aber wo ist bitte
die Pointe?
5
Die Erwachsenen
streicheln Displays vor dem Schlafen
Die Alten paaren sich
in Würde
Sex ist ein Geschenk
Gottes erklärt der Pontifex
6
Die Namen verlassen die
Schilder
Die Häuser die
Mitbewohner
Die alten guten Zeiten
wollen zurückkehren
Aber wir kehren ihnen
den Rücken
7
In der Suppe schwimmt
der Rest von gestern
Die Gäste kichern wie
die Kichererbsen auf den Tellern
Der Wirt gibt etwas zum
Bersten
8
Der Kanzler ruft
begeistert: nimm was dir zusteht
Und ich frage mich
was mir zusteht in
dieser schönen neuen Welt