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Heike Fröhlich: Drei Gedichte

Montags=Text

Heike Fröhlich:
Drei Gedichte


Landflecht und Urbetonaut

grünstichiges Grau
muschelfarbenes Grüngrau
krümelmattes Perlgraugrün
hier abblätterndes sporiges Grün
englische Gischt, d. i. Pantone 572
Blauaugenflechte, Nixengekröse
Cyanobätzchen, Mykobio-Wesenlein
Säure sabbernd festgekrallt
Sandstein wird Lichen durch meinen Blick
Lichen in der Lichtspalte zum Himmel
festgekrallt, wenn der Kirchturm fällt
wenn der Kirchturm fällt
weil die Wolken ziehen
flach festgekrallt
wie flachgefahrne Frösche
Lichen und ich da platt
wenn der Kirchturm fällt
auf den Asphalthof in Quadern
3 Millionen polternde
2,5-Tonnen-Kalksteinquader
auf Lichen, auf mich
und die Wolken ziehen
Leitplanken zum Tausendkästchenhaus
Wabenbombast zum Himmel
wabenbrutalst, Wucherbeton
Bienenbrutbombast hoch, höher
brachiale Bauarbeiter-Bienen
die Zukunft vom Reißbrett
Laubbäume gedrehter Draht
Anorakkapuzenkind, Rosettengesicht
deine rohe Zukunft, ein Windei
dann die erste Blutetage
das Pfötchen gequetscht desinfiziert
im Handrücken die kleinen Venenwürmlein
an die Luft tropft kein Rot
in die Luft hoch glitscht Glasur
32 Etagen Fliesen
abwaschbar, alles abwaschbar
gleitet hoch ins Wolkenbetongrau
grau kästeln sich Zellen in Grau
im Heckfenster schrumpft die Quadratestadt
Glas kühlt die Stirn
ein unsichtbares Engelhorn wächst zum Trost


Rouleau

ich wünsche mir ein
Dress mit Rollolichtlöchermuster
durch welches abends
die endenden Strahlen wandern
die Strahlenenden
wie Finger mir über die Brust streichen
durch welches nachts
Goldmünzen nach innen fallen
für’s Herauswenden des Futters
für’s Anpunkten der Züge
und in der Andernacht bitte
sich lösende Züge und
so dotty Graugranulat
ein Rollodress mit Durchbrüchen
die Wunschlisten mit Drehbüchern
was lichtbrechend durchkommt
morgens die Veranda
voll väterlichen Grabens
oder morgens
die Laternen im Winter
die mich zum Lernen bringen
wie ein Kind im Winter



Züblin

meine Haare sind wie Ponyhaare, alle
nachts leuchtet Züblin orangefarben
ein künstlicher Mond in meinem Fenster
und schwenkt am Morgen seine Arme
in mein Fenster wie eine Pappel
manchmal ihren ganzen Leib
tagsüber unter Züblin die Container
ein unmögliches Haus zu denken
Boxen und Treppen, drei Seiten
darin wohnen Arbeiter
leben im M.C.-Escher-Haus
relaxen am Abend mit Zigaretten
vielleicht sollte ich einen Golf haben
um darin zu sitzen
mich geborgen zu fühlen
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